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In Zürich zeigt Cameron Jamie erstmals sein ganzes Können

Der Künstler Cameron Jamie präsentiert in einer grandiosen Ausstellung in der Kunsthalle Zürich Menschen in Masken und anderen Verkleidungen, um ihr Innerstes blosszulegen.

Südostschweiz
21.06.13 - 02:00 Uhr

Von Karl Wüst (sda)

Zürich. – Die Kunsthalle Zürich zeigt Cameron Jamies Keramiken, Fotos, Holzmasken, Tuschzeichnungen und Filme erstmals als künstlerisches Ensemble. Bisher hatte sich der 1969 in Los Angeles geborene Künstler beharrlich geweigert, seine Filmwelten gemeinsam mit seinen anderen Werken zu zeigen.

«Verkleidung» als Schnittmenge

Tatsächlich fällt es schwer, beispielsweise Jamies neuesten Film «Massage the History» (2007–2009) und die neun im angrenzenden Raum platzierten schlanken Keramiktürme «Nine Stations» (2010) unter einen Hut zu bringen. Filmische, mit wummernder Musik unterlegte Dynamik hier, tonlose skulpturale Statik dort. Das scheint sich zu widersprechen. Und doch gibt es eine inhaltliche Schnittmenge, die mit «Verkleidung» überschrieben werden könnte.

Auf der Spitze jedes Turms thront eine kleine Figur irgendwo zwischen Mensch und Tier; der «wuchernde» Turm darunter vertuscht die Figur, degradiert sie fast zur Bedeutungslosigkeit. Auch im Film kommen Figuren vor: Amateurtänzer, die sich in ihren Wohnungen in Alabama bewegen. Den Hauptpart spielen ihre zärtlich tastenden Hände, mit denen sie sich über Möbel und Teppiche hermachen. Und wie die Figürchen auf den Keramiktürmen scheinen die Tänzer nicht von dieser Welt zu sein, verkleidet durch ihr Verhalten, das provoziert und befremdet.

Was hier nur erahnt werden kann, zeigt Cameron Jamie in anderen Arbeiten in aller Klarheit. Was den Amerikaner interessiert sind Masken: Holzmasken, Gummimasken, aber auch Farbe und Schminke. Wer sich maskiert, möchte sich verbergen, zeigt aber gleichzeitig in der Art seiner Maskerade, wer er ist. Die veränderte Oberfläche ermöglicht Blicke in die Tiefe. Eine moderne Form der Maskierung und Offenlegung sind Tätowierungen. Auch sie spielen in Jamies Werk eine wichtige Rolle.

In seinem Fokus stehen Kulturen der Vorstädte. Er interessiere sich für die «randständige Wirklichkeit und die amateurhaften Praktiken, die das verborgene Antlitz unserer Gesellschaft offenbaren», wie Museumsdirektorin Beatrix Ruf betont.

Es könnte auch das Lötschental sein

Entstanden ist Jamies Werk der letzten 30 Jahre weitgehend in den USA, aber es strahlt weit über diese hinaus. Im Raum mit den wunderbar skurrilen und bösen Holzmasken zum Beispiel («Smiling Disease», 2008) könnte man sich ohne Weiteres im Lötschental wähnen.

Ausstellung Cameron Jamie, Kunsthalle Zürich, bis 18. August.

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