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Wenn Computer gesprochene Sprache verstehen sollen

Der Fachbereich Informationswissenschaft der HTW Chur erforscht, wie Wissen organisiert und langfristig nutzbar gemacht werden kann oder wie effizient Benutzeroberflächen sind. Das kommt Firmen wie auch Studierenden zugute.

Südostschweiz
15.05.13 - 02:00 Uhr

Von Ursina Straub

Chur. – «Wir befinden uns an einem Scheideweg», sagt Bernard Bekavac, Studienleiter des Fachbereichs Informationswissenschaft an der Hochschule für Technik und Wirtschaft (HTW) Chur. «Gedruckte Bücher werden von elektronischen Formaten abgelöst, mobile Lesegeräte etablieren sich. Daraus ergeben sich Fragestellungen.» Etwa: Wie sieht das E-Book der Zukunft aus? In welchem Format wird es verfügbar sein? Aber auch: Wird dank E-Books mehr gelesen?

Und wer nutzt E-Reader?

Fragen, auf die Rudolf Mumenthaler, Professor für Bibliothekswissenschaften, nächsten Samstag eingehen wird. Im Rahmen der Reihe «Uni für alle» hält er in Ilanz einen Vortrag zum Thema «Wie verändern E-Books und E-Reader unser Leseverhalten?».

Fragen aber auch, auf welche die HTW Chur Antworten sucht. Denn im Fachbereich Informationswissenschaft lernen nicht nur rund 160 Studierende in einem Bachelor- oder Masterstudium den professionellen Umgang mit Informationen. Es wird auch geforscht, und zwar praxisnah.

Getragen wird die Forschung vom Schweizerischen Institut für Informationswissenschaft SII. Sie konzentriert sich auf zwei Schwerpunktbereiche: Zum einen darauf, wie Wissen organisiert und langfristig archiviert wird. Zum anderen auf die Nutzung von Informationen.

Ein praktischer Anwendungsbereich bei der Informationsorganisation sind Bibliotheken. Hier ist es nicht nur entscheidend, dass Informationen korrekt abgelegt werden, auch die Digitalisierung von bislang nur analog vorhandenen Daten ist ein grosses Thema. Schliesslich ist die Organisation von Informationen im Hinblick auf das Web der Zukunft wichtig. Künftig sollen Rechner Begriffe nicht mehr nur lexikalisch erfassen, sondern auch die Wortbedeutung verstehen.

Internet soll vernetzt denken

Im «Semantic Web» würde das vernetzte Denken des Menschen für das Internet nutzbar gemacht; Suchmaschinen würden Sprache verstehen, Mensch und Maschine in ganzen Sätzen miteinander kommunizieren. Dafür ist es nötig, Metadaten weltweit nach demselben System zu erfassen und abzulegen.

Der zweite Forschungsschwerpunkt, die Informationsnutzung, ist etwa für Firmen von Bedeutung. Beispielsweise, wenn es darum geht, Erfahrungswissen für alle Mitarbeitenden verfügbar zu machen.

Aber auch die Gebrauchstauglichkeit von Internetseiten fällt unter diesen Bereich. Vor einem Jahr hat die HTW ihr Usability Lab in Betrieb genommen. Darin wird getestet, wie bedienerfreundlich Benutzeroberflächen sind. Kernstück des Labors ist ein berührungsfreies Eyetracking-System, welches Augenbewegungen registriert. So kann festgestellt werden, was die Aufmerksamkeit der Testperson erregt – und wo Verbesserungspotenzial liegt. «Dadurch, dass die Probanden nicht verkabelt sind, vergessen sie schnell, dass sie Teil einer Versuchsreihe sind», bemerkt Studienleiter Bekavac. «Die künstliche Laborsituation entfällt.»

Interaktive Kinderbücher

In Bezug auf E-Books heisst Informationsnutzung, dass das Leseverhalten untersucht wird, aber auch, wie digitale Inhalte produziert und vertrieben werden. «Aktuell bereiten wir ein Forschungsprojekt zu ‘enhanced books‘ vor, also zu Büchern, die mit multimedialen Elementen angereichert sind», erklärt Mumenthaler. «Interaktive Elemente spielen vor allem bei Kinderbüchern, aber auch im Wissenschaftsbereich eine wichtige Rolle.»

Jährlich unterstützt die HTW mit rund einer Million Franken die Forschung. «Gefördert werden insbesondere Projekte, die wiederum neue Forschungsfelder und externe Fördermittel erschliessen», erläutert Studienleiter Bekavac. Die Forschungserkenntnisse fliessen in die Studiengänge ein, gleichzeitig profitieren Firmen und Institutionen davon, die an Projekten teilhaben oder sich vom Fachbereich beraten lassen.

Wie verändern nun E-Books das Leseverhalten? Und wer bedient sich ihrer? «Nur so viel: Überraschenderweise werden sie nicht unbedingt von jungen Lesern genutzt», gibt Mumenthaler preis. «Und man hat festgestellt, dass E-Books die gedruckten Bücher eher ergänzen denn konkurrieren.»

Rudolf Mumenthaler hält seinen Vortrag «Wie verändern E-Books und E-Reader das Leseverhalten?» am Samstag, 18. Mai, um 17 Uhr im Rathaussaal Ilanz, Landsgemeindeplatz 9. Die Teilnahme an der Veranstaltung aus der Reihe «Uni für alle» ist kostenlos. Eine Anmeldung ist via www.htwchur.ch erwünscht.

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