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Wann kommt die Anti-Alpen- Initiative?

Die Promotoren der zweiten Autobahnröhre durch den Gotthard nutzen jede Gelegenheit, die sich ihnen bietet. So auch den Erdrutsch, der vergangene Woche die Gotthardbahn verschüttete und kurz vor Ferienbeginn zu noch mehr Verkehr auf der A2 führt.

Südostschweiz
11.06.12 - 02:00 Uhr

Von David Sieber

Sie wiesen darauf hin, wie eng das Nadelöhr ist, das in wenigen Jahren saniert werden muss. Wenn dann, so die Argumentation, die Schienenverbindung unterbrochen wird, geht im Transitverkehr trotz Neat praktisch gar nichts mehr. Für Tessiner, Urner, die Transportbranche und die Bündner, die den Ausweichverkehr auf die San-Bernardino-Route fürchten, eine Horrorvorstellung.

Aber da ist eben die Alpen-Initiative, welche vorschreibt, dass ab 2018 nur noch 650 000 Lastwagen die Alpen queren dürfen. Ein völlig utopisches Ziel. Nicht zuletzt, weil der politische Wille, diesen Volksauftrag umzusetzen, praktisch nicht vorhanden ist. Dass Verkehrsministerin Doris Leuthard gemäss «Sonntags-Zeitung» den Bau einer zweiten (einspurigen) Gotthardröhre favorisiert, passt da ins Bild. Auch wenn der Sicherheitsaspekt und rein praktische Gründe angeführt werden, bleibt das doch ein Aufruf zum Verfassungsbruch. Denn ein zweiter Tunnel ist gleichbedeutend mit einem Kapazitätsausbau.

Was man den Anhängern einer zweiten Gotthardröhre vorwerfen muss, ist ihr stetes Unterlaufen aller Bemühungen, den Schwerverkehr durch die Alpen in den Griff zu bekommen. Warum wird nicht endlich eine Anti-Alpen-Initiative lanciert? Das wäre ehrlicher als diese Politik durch die Hintertür. Und demokratischer sowieso. Bundesrat und Parlament hätten dann die Gelegenheit, mit einem indirekten Gegenvorschlag, das ursprüngliche Verlagerungsziel etwas der Realität anzupassen. Und das Volk könnte seinen 1994 gefällten Entscheid überprüfen. Im Zeitalter des CO2-getriebenen Klimawandels, der sich unter anderem durch vermehrte Erdrutsche bemerkbar machen kann, sind die Argumente der Alpenschützer so aktuell wie damals. Vielleicht fürchtet die Tunnellobby ja genau das.

dsieber@suedostschweiz.ch

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