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Von rechts bedrängt, von oben verlassen

Die CVP Wallis kämpft gegen die Mutterpartei und die eigene Machterosion. Das Raumplanungsgesetz stellt das Wallis und die CVP auf eine Zerreissprobe.

Südostschweiz
19.01.13 - 01:00 Uhr

Von Doris Kleck

Sitten. – Eine Kantonalsektion vertritt in einer Sachfrage eine gegenteilige Meinung der Mutterpartei – normalerweise ist dies nicht mehr als eine Randnotiz wert. Anders verhält es sich bei der CVP Wallis und dem Raumplanungsgesetz (RPG). Heute fassen die Delegierten der CVP Schweiz ihre Parole und dabei geht es um nicht weniger als den Parteifrieden. Zwar glaubt niemand daran, dass die Walliser-Vertreter die Mehrheit der Delegierten von ihrem Widerstand gegen das RPG überzeugen können. Doch Nationalrat Yannique Buttet hofft zumindest auf eine ehrliche Diskussion und Verständnis. Es könne doch nicht einfach darum gehen, das Wallis mit seinen grossen Baulandreserven abzustrafen, sagt Buttet. Sagen nicht mindestens 40 Prozent der Delegierten Nein zum RPG, dann müsse die CVP Wallis ihre Beziehung zur Mutterpartei «ernsthaft» diskutieren, fügt der Unterwalliser an.

Raumplanung zum Machterhalt

Die Vehemenz des Walliser Widerstandes gegen das RPG hat einerseits eine inhaltliche Komponente: Mit dem neuen Gesetz müssten die überdimensionierten Baulandreserven verkleinert werden. Anderseits befindet sich die CVP Wallis politisch in der Defensive. Der CVP droht bei den Grossratswahlen vom 3. März zum ersten Mal seit 156 Jahren der Verlust ihrer absoluten Mehrheit. Die Unterwalliser Sektion musste bereits bei den eidgenössischen Wahlen 2011 eine herbe Niederlage einstecken: Ihr Wähleranteil schrumpfte auf historisch tiefe 31 Prozent. «Die CVP Unterwallis steht mit dem Rücken zur Wand», urteilt Kurt Marti, ehemaliger Chefredaktor der Walliser Oppositionszeitung «Rote Anneliese» und Buchautor.

Verbundenheit mit dem Boden

80 Prozent der Walliser sind Landbesitzer – Buttet spricht deshalb von der besonderen Verbundenheit der Walliser mit dem Boden und versichert: «Es geht dabei nicht ums grosse Geldverdienen.» Kurt Marti erzählt eine andere Version der Geschichte: Bei der Einzonung von Bauland sei dem Prinzip gefrönt worden: «Wer hat noch nicht, wer will noch mehr?» Diese «Raumplanung» habe zum permanenten Wahlkampf der CVP und zur Absicherung ihres 156-jährigen Mehrheitssystems gehört.

Die CVP Schweiz befindet sich also nicht mit irgendeiner Sektion im Clinch, sondern mit der stärksten überhaupt. Allerdings wiederholt sich im Wallis, was die CVP schon in anderen Stammlanden erfahren musste: Die Macht der C-Partei erodiert, die SVP erntet. Sie profiliere sich mit katholisch-konservativen Themen wie Abtreibung, das Recht auf Leben, Sexualunterricht in der Schule oder Kruzifixe im Klassenzimmer: «Also Themen, welche die CVP vernachlässigt hat», sagt Marti. Und natürlich muss sich die SVP Wallis nicht mit der Mutterpartei anlegen.

Wenn die CVP am 3. März ihre absolute Mehrheit tatsächlich verliert, wird die SVP wohl auf der Gewinnerseite stehen. Der Kanton Wallis würde dadurch nicht weniger konservativ. Buttet schaut dem Wahltag scheinbar gelassen entgegen: «Wichtig ist für mich die absolute Mehrheit im Staatsrat.» Beobachter rechnen damit, dass die CVP diese noch halten kann. Wie es 2017 aussieht, falls der Wählerschwund der CVP anhält, steht hingegen auf einem anderen Papier.

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