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Vom Sportmuffel zum starken Langstreckencrack in 13 Jahren

Adrian Marti (32) hat mit dem 4. Rang an den Schweizer Marathon-Meisterschaften den Sprung in die nationale Spitze geschafft. Ein erstaunlicher Werdegang: Der Rapperswiler entdeckte seine Liebe für den Laufsport erst als 20-Jähriger.

Südostschweiz
21.04.11 - 02:00 Uhr

Von Roland Lieberherr

Leichtathletik. – «Das war der bisherige Höhepunkt meiner Läufer-Karriere. Die Strecke lag mir, ich lief ein optimales Rennen», blickt Adrian Marti stolz auf das vergangene Wochenende zurück. Der 32-Jährige sorgte mit einer starken Leistung am Zürich Marathon für Aufsehen. Im Hauptfeld der Männer klassierte er sich – mit neuer persönlicher Bestzeit von 2:30:09 Stunden – im 14. Schlussrang. Das Rennen wurde zudem als Schweizer Marathon-Meisterschaft gewertet. Dort verpasste Marti das Podest knapp und wurde Vierter.

Einziger Wermutstropfen bei seinem insgesamt erst fünften und erfolgreichsten Marathon-Auftritt war die Zeit. «Gerne hätte ich die 2:30-Stunden-Marke geknackt. Eigentlich lag ich bei den Rundenzeiten auf Kurs, aber ich habe die abschliessenden 200 Meter nicht einkalkuliert. Trotzdem bin ich rundum zufrieden», so Marti, der in Zürich seine bisherige Marathon-Bestmarke um ganze sieben Minuten unterboten hatte.

Bruder-Wettrennen als Startschuss

Dass er einst in der Schweizer Langstrecken-Spitze mitmischen würde, war für den gebürtigen Altstätter bis vor wenigen Jahren noch unvorstellbar. Während seiner Jugendzeit hatte er mit Sport nur wenig am Hut. «Ich bewegte mich zwar schon immer gerne draussen und im Wald. Doch da wir weit oberhalb des Dorfes wohnten, hatte ich kaum Möglichkeiten, einem Sportverein beizutreten. Dafür war ich in der Pfadi», ergänzt der Naturbursche mit einem Schmunzeln.

Die Initialzündung, sich künftig die Laufschuhe zu schnüren, kam 1998. Sein Bruder bezeichnete ihn damals als «fuule Chog» und forderte ihn zu einem Wettrennen heraus. «Das war der Startschuss. Damals hat mich das Laufen gepackt, obwohl der Bruder schneller war.» Als Marti daraufhin in Winterthur mit dem Studium begann, trat er der örtlichen Leichtathletik-Vereinigung LVW bei.

Er versuchte sich vorerst über die Kurzstrecken (400 und 800 Meter), ehe er über 1500 Meter langsam Fuss fasste und rasch Fortschritte machte. 2001 bestritt er seine ersten Laufwettkämpfe, zwei Jahre später feierte er erste Erfolge auf der Mittelstrecke. «Beim Wylandlauf in Andelfingen 2003 ging mir der Knopf auf. Ich wurde Dritter und hatte Blut geleckt», resümiert der Rapperswiler.

Fortan lebte er seriöser, trainierte spezifischer und seine Vorliebe für längere Strecken wuchs stetig. «Über kurze Distanzen fehlte mir oft die Spritzigkeit, meine Trainer sahen das rasch. Daher konzentrierte ich mich auf 1500, 3000 und 5000 Meter-Rennen, meist auf der Bahn.» Cross- und Bergläufe, die viel Kraft und Ausdauer bedingen, lägen ihm nicht.

Zu alt und schwer für Mittelstrecken

Das intensivierte Training machte sich bald bezahlt. Marti lief die 3000 Meter in seinen besten Tagen in 8:41 Minuten, qualifizierte sich zweimal für die Schweizer Hallenmeisterschaften. Just dort erlebte er ein einschneidendes Erlebnis, das ihn anspornte, künftig auf Langstrecken zu setzen: «Ich war zehn Kilo schwerer und fast zehn Jahre älter als die Konkurrenten. Die 18-jährigen Läufer starteten wie die Feuerwehr und liessen mich stehen.»

Marti wechselte von der Bahn auf den Asphalt, nahm an Stadt- sowie Strassenläufen teil und glänzte mit eindrücklichen Resultaten. 2007 gewann er den Greifenseelauf, 2009 wurde er Kategoriensieger beim Rapperswiler Schlosslauf und am Altstätter Städtlilauf klassierte sich der Lokalmatador mehrfach in den Top Ten.

Trainingsläufe rund um den Obersee

Seit rund fünf Jahren bevorzugt Marti Wettkampf-Distanzen von mehr als 10 000 Metern – am liebsten flache oder leicht abfallende Laufstrecken. «Da komme ich so richtig ins Rollen», sagt er über seine Stärken.

Der leidenschaftliche Läufer, der 2006 der Liebe wegen nach Rapperswil-Jona gezogen war, investiert rund sieben Trainingsstunden pro Woche in sein Hobby. «Das entspricht etwa 100 Laufkilometern. Meist bin ich alleine unterwegs und drehe meine Runden. Ich liebe es, draussen in der Natur zu sein und kann beim Laufen ideal abschalten. Ein optimaler Ausgleich zu meinem Bürojob als Risk-Manager.» Marti schwärmt von den hervorragenden Bedingungen rund um den Obersee, wo er vereinzelt mit dem Rütner Christan Kreienbühl trainiert. 2012 möchte er die Intensität auf wöchentlich 8,5 Stunden steigern, um seinen Ambitionen gerecht zu werden.

Medaille an Halbmarathon-SM?

Bereits für diese Saison hat er sich ehrgeizige Ziele gesteckt. Mitte Juni peilt er an der SM über 10 000 Meter einen Rang unter den Top fünf an. «Das Ziel wäre eine Zeit um 31:30 Minuten. Ob ich das drauf habe, weiss ich indes noch nicht.» Im Herbst stehen diverse Strassen- und Stadtläufe auf dem Programm und an der Halbmarathon-SM Ende Oktober nimmt er einen Podestplatz ins Visier. «Wenn alles optimal läuft und ich verletzungsfrei durch den Sommer komme, liegt ein Rang unter den besten drei Athleten im Bereich des Möglichen», so Marti zuversichtlich.

Doch vorerst lässt der 32-Jährige die Laufschuhe für einige Tage im Schrank. Über Ostern erholt er sich vom jüngsten Erfolg und geniesst mit seiner Frau Cora Ferien in Stockholm.

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