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Viel Prominenz – und noch mehr Verschwörungstheorien

Die Bilderberg-Konferenz findet heuer in Graubünden statt. Der Zirkel aus Politikern und Wirtschaftsleuten ist höchst verschwiegen. Nicht zuletzt deshalb schiessen seit Jahren Verschwörungstheorien um die Bilderberger ins Kraut.

Südostschweiz
29.04.11 - 02:00 Uhr

Von Olivier Berger

St. Moritz. – Klar ist einzig: Der Anlass findet im Kanton statt (siehe Frontseite). Wann und wo genau in Graubünden sich 130 hochrangige Vertreter von Politik, Wirtschaft, Armee und Adel besammeln werden, will die kantonale Polizeidirektorin Barbara Janom Steiner mit Hinweis auf den privaten Charakter der Bilderberg-Konferenz nicht verraten. Laut Berichten im Internet geht das Treffen aber vom 9. bis 12. Juni in St. Moritz über die Bühne, als möglicher Veranstaltungsort wird das Hotel «Suvretta House» genannt. Eva- Marie Hein, Medienverantwortliche des Hotels, will das Gerücht «weder bestätigen noch dementieren».

Die Teilnehmerliste bleibt geheim

Welche Persönlichkeiten an den drei Tagen im Juni im Engadin weilen werden, wird die Öffentlichkeit erst im Nachgang erfahren. Nach den Treffen veröffentlicht die Bilderberg-Konferenz jeweils eine Gästeliste. Auf jener des bisher letzten Treffens vor Jahresfrist im spanischen Sitges finden sich so illustre Namen wie jene von George A. David, Chef von Coca- Cola, Thomas Enders, Chef von Airbus, Microsoft-Gründer Bill Gates, Ex-US-Aussenminister Henry Kissinger, des griechischen Finanzministers George Papaconstantinou und dessen portugiesischen Amskollegen Fernando Texeira dos Santos sowie des deutschen SPD-Vizepräsidenten Olaf Scholz.

Die Schweiz war beim letzten Bilderberg-Treffen ebenfalls vertreten. Mit von der Partie waren laut der Teilnehmerliste Novartis-Chef Daniel Vasella, Francis A. Waldvogel, Vorsitzender des Novartis Venture Fund, Peter Voser, CEO von Royal Dutch Shell, und Josef Ackermann, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Bank. Vasella und Ackermann gehören auch dem sogenannten Steuerungsausschuss an, welcher unter anderem über die Einladungen an künftige Teilnehmer entscheidet.

Zu den prominenten bisherigen Bilderberg-Besuchern gehörten unter anderen die deutschen Bundeskanzler Kurt Georg Kiesinger, Helmut Schmidt, Helmut Kohl, Gerhard Schröder und Angela Merkel sowie bekannte Politgrössen vom späteren US-Präsidenten Bill Clinton über die spätere britische Premierministerin Margaret Thatcher bis hin zu alt Bundesrat Christoph Blocher. Auf seinem Internet-TV-Sender lobte Blocher die Konferenzen. «Anwesend sind leitende Leute aus Politik, Wirtschaft und Armee, vor allem aus Europa und Amerika, keine Chinesen und Russen.» Die Bilderberg-Treffen seien mit dem World Ecomomic Forum in Davos zu vergleichen, «einfach ohne Öffentlichkeit, das führt zu besseren Diskussionen».

Verschwörungstheorien en masse

Die Massierung von Vertretern von Politik und Wirtschaft sowie die Geheimhaltung innerhalb der Konferenzen ruft nicht nur die Linke auf den Plan, welche die Treffen regelmässig kritisiert (siehe Kasten). Seit Jahrzehnten kursieren auch zahlreiche Verschwörungstheorien, welche die Bilderberger für verschiedene Ereignisse der Weltgeschichte verantwortlich machen. So sollen sie die Ölkrise 1973 bewusst herbeigeführt haben, um die US-Wirtschaft zu stützen. Auch die deutsche Wiedervereinigung im Jahr 1990 und der Irakkrieg von 2003 sollen auf Konferenzen der Bilderberger beschlossen worden sein. Der frühere kubanische Staatspräsident Fidel Castro warf im August vergangenen Jahres einer Weltregierung aus dem Umfeld der Bilderberg-Konferenz gar vor, einen atomaren Holocaust zu planen, um die Jugend der Welt zu töten.

Die Bündner Jungsozialisten (Juso) kritisieren die Bildberg-Konferenz in einer Medienmitteilung als «Hort der Marktradikalen, Scheindemokraten und korrupten Machtelite». An deren geheimen Treffen würden «die politischen Weichen für Deregulierung und Ausbeutung gestellt».

Am Rande des diesjährigen Bilderberg-Treffens in Graubünden wollen die Juso laut der Mitteilung deshalb ein Zeichen setzen. Sie laden am 11. Juni zum Demokratiekongress auf dem Dorfplatz von St. Moritz. Dabei soll ein Manifest «Gegen Scheindemokraten und Marktradikale» verabschiedet werden. Die Kundgebung ist noch nicht bewilligt, wie es in der Mitteilung weiter heiss. Sie solle aber zeigen, dass Demokratie nur in einem Klima des Vertrauens möglich sei. (obe)

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