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Urs Wohler: «Ich würde gerne ein Signal für Olympia sehen»

Die Grabenkämpfe um die Tourismusabgaben gefährden die Bündner Olympia-Pläne. Das sagt Urs Wohler, Scuoler Tourismusdirektor und Präsident des Komitees Pro TAG.

Südostschweiz
18.04.12 - 02:00 Uhr

Mit Urs Wohler sprach Reto Furter

Herr Wohler, das Tourismusabgabegesetz ist umstritten: Die grossen Tourismusgebiete kämpfen gegen die kleinen.

Urs Wohler: Positiv ist immerhin, dass das Eintreten auf die Vorlage im Grossen Rat unbestritten war. Aber es ist tatsächlich unschön, dass plötzlich die Grossen gegen die Kleinen antreten, die vermeintlich erfolgreichen Tourismusgebiete gegen die vermeintlich weniger erfolgreichen. Es muss um Graubünden gehen.

Man spielte sich regelrecht aus.

Das ist richtig – und dabei wurde etwas ausgeblendet. Mit der Arbeit an der kantonalen Tourismusreform wurde 2006 begonnen, dabei war immer klar, dass als letztes Teilprojekt die Frage der Finanzierung anstehen würde. Die Strukturbereinigungen in allen grossen Destinationen und auch in den regionalen Tourismusorganisationen fanden vor diesem Hintergrund statt. Die grossen Destinationen haben ihre Finanzierungsfrage in der Zwischenzeit gelöst und wollten jetzt nichts mehr davon wissen, dass man die Finanzierung gesamtkantonal löst. Das ist bedauerlich.

Vielleicht hätte man halt besser zuerst über die Finanzierung gesprochen.

Das wollte man nicht, weil man im Kanton Wallis die Erfahrung gemacht hat, dass eine Verquickung von Reformprojekt und Finanzierung nicht funktioniert. Deshalb sprach man in Graubünden zuerst über die Strukturen und erst jetzt über die Finanzen.

«Wir sind ein kleiner Fisch»

Aber die grossen Destinationen blockten gestern ab, weil sie nicht die kleinen Konkurrenten mitfinanzieren wollten.

Genau. Hier muss man aber die Dimensionen im Auge behalten: Alpenweit zählt man jährlich 200 Millionen Logiernächte, davon 60 Millionen in der Schweiz, 43 Millionen in Tirol – und in Graubünden sind es 13 Millionen. Wir sind ein kleiner Fisch, wenn wir das aus einer gesamtalpinen Optik betrachten, wir brauchen deshalb eine Lösung für alle.

In St. Moritz interessiert aber die gesamtalpine Optik herzlich wenig.

Das politische Bekenntnis war immer klar: Alle sollen den Tourismus finanzieren. Diese Diskussion wurde bereits geführt, als man über den Vorgänger des jetzigen Tourismusabgabegesetzes debattierte – aber wir sind nicht weitergekommen.

Weil die Diskussion nie zu Ende geführt wurde? Jetzt wird gesagt, alle würden vom Tourismus profitieren, also müssten auch alle dafür bezahlen. Das passt dem Coiffeur in Zizers aber nicht, denn dort verkehren halt keine Touristen.

In Graubünden haben wir eine touristische Wertschöpfung von 3,3 Milliarden Franken, die Tourismusabgabe soll gut 60 Millionen Franken beisteuern. Das sind die Dimensionen. Jetzt diskutierte man halt einfach diese Variante.

Kommt es zum Referendum und zu einer Volksabstimmung, wäre es sinnvoll gewesen, die Gegner der Abgabe irgendwie ins Boot zu holen.

Wir fürchten das Referendum nicht, ein Abstimmungserfolg ist für uns nicht unrealistisch. Ich habe aber ein grosses Verständnis dafür, wenn grosse Destinationen argumentieren, sie hätten lieber bei ihrer gut funktionierenden Finanzierungslösung bleiben wollen als eine kantonale Finanzierung anzustreben, auch wenn dieser letzte konsequente Schritt immer schon im Raum stand. Aus ihrer Optik ist das richtig, aus Bündner Optik ist hingegen der beschlossene Paradigmenwechsel besser.

Von Solidarität aus St. Moritz und Davos hat man wenig gesehen in der Grossratsdebatte.

Da muss man tatsächlich aufpassen, dass man diese Konstellation nicht plötzlich in andere Diskussionen weiterzieht. In der Diskussion um die Olympischen Winterspiele wird der Solidaritätsgedanke dann nämlich wieder sehr wichtig werden.

«Solidarität wird wieder sehr wichtig werden»

Wenn die grossen Tourismusgebiete an ihren Forderungen festhalten, scheitert das Olympia-Projekt, weil sich die kleinen dann auch nicht solidarisch zeigen.

Ich sage es umgekehrt: Ein einstimmiges, klares Zeichen aus der Schlussabstimmung im Grossen Rat für eine kantonale Tourismusfinanzierung wäre ein äusserst guter Vorschuss für eine Bündner Olympia-Diskussion. Ich will eben nicht, dass man die Olympia-Diskussion mit der Diskussion über die Tourismusfinanzierung belastet.

Aber genau das passiert natürlich.

Das Risiko besteht, ja. Ich würde jetzt gerne ein starkes Signal für die Olympia-Diskussion sehen.

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