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Unterwegs mit dem «gelben Engel» Adrian Berger

Ostern steht vor der Tür und wie an Feiertagen üblich, wird wieder eine Blechlawine gen Süden rollen. Das Verkehrsaufkommen ist vor allem für die Patrouilleure des TCS wie Adrian Berger eine Herausforderung.

Südostschweiz
16.04.14 - 02:00 Uhr

denise erni (text) und Marco Hartmann (Fotos)

Es ist kurz vor 16 Uhr an diesem schönen Mittwochnachmittag. Auf den Strassen herrscht noch kein allabendlicher Feierabendverkehr. Adrian Berger kommt gut vorwärts. Der 32-Jährige ist auf dem Weg nach Churwalden. Dort wird er von einem Automobilisten erwartet, der mit seinem Skoda eine Panne hat und daher nicht mehr weiterfahren kann. Berger ist Patrouilleur beim TCS (Touring Club Schweiz). Sein knallgelber Chevrolet Captiva, mit dem er innerhalb von zwei Jahren 80 000 Kilometer zurückgelegt hat, ist eine kleine Autowerkstatt auf vier Rädern. Werkzeuge aller Art sind darin verstaut, ebenso ein langes Überbrückungskabel, Kanister mit Diesel und Benzin und Abschleppseile, um nur einige Dinge zu nennen.

Kurz nach 16 Uhr erreicht Berger besagten Ort, wo der Fahrer mit seinem Auto bereits auf ihn wartet. Benachrichtigt wurde der Patrouilleur direkt von der Einsatzzentrale in Schönbühl (BE), welche die Einsätze koordiniert. In dieser Zentrale gehen die Anrufe der «gestrandeten» Fahrzeuglenker ein. Nachdem diese den Telefonisten den genauen Ort bekannt und in etwa das Problem des Fahrzeugs geschildert haben, werden die «gelben Engel» der Schweiz, die Patrouilleure aufgeboten. Auf dem Navicom, dem Computer System bekommen Berger und seine schweizweit 220 Kollegen via 3G-Netz dann die genauen Daten übermittelt. «Im Durchschnitt sind wir schweizweit innerhalb einer guten halben Stunde vor Ort», sagt Berger. Für sein Einsatzgebiet, welches das ganze Fürstentum Liechtenstein, das St. Galler und Bündner Rheintal von Walenstadt und Oberriet bis nach Flims und Cazis umfasse, sei es aber oft kaum machbar, diese Zeit einzuhalten.

Fünf Pannen pro Schicht – im Schnitt

Bis er heute beim Skoda-Fahrer ist, vergeht aber keine halbe Stunde. Kaum hat der 32-Jährige den Kunden begrüsst, macht er sich an die Arbeit und findet sofort heraus, was das Problem ist. «Wir müssen dem Wagen Starthilfe geben», sagt er. Gemeint ist, das Auto zu überbrücken. Er holt das lange Überbrückungskabel aus seinem Auto und schliesst die Batterien miteinander an. Nach gut 20 Minuten kann der Automobilist wieder weiter fahren. Die Herren verabschieden sich.

«Meine Arbeit ist sehr schön», sagt Berger und versorgt das Ladekabel wieder in seinem Kofferraum. «Bei rund 82 Prozent der Fälle können die Fahrzeuglenker wieder weiterfahren.» Im Schnitt habe jeder Patrouilleur vom Bündner Stützpunkt etwa fünf Pannen pro Schicht. Der Skoda in Churwalden ist Bergers dritter Einsatz an diesem Mittwoch.

Berger liebt seinen Job, seit zehn Jahren ist der gelernte Automechaniker beim TCS. «Bei uns zählt noch der Mensch», bringt er es auf den Punkt. «Du gehst hin und hilfst Menschen.» Oft gebe es Kunden, die sich mit Briefen oder Pralinen für die Hilfe bedanken würden. «Ich habe einen sehr dankbaren Beruf», sagt der Patrouilleur. Und das, obwohl die Arbeitszeiten unregelmässig sind. Oft hat er am Wochenende Dienst oder ist unter der Woche bis spätabends unterwegs, um Menschen aus misslichen Lagen zu befreien.

Ferienstopp im Juli und August

Berger macht sich wieder auf den Weg in Richtung Stützpunkt, der sich in Landquart befindet. Die Uhr zeigt bald 17 Uhr. Bald hat der Patrouilleur Feierabend. Begonnen hat er seinen Dienst heute Morgen um 7 Uhr. «Heute Vormittag hatten wir nicht eine einzige Panne», sagt er. Das komme schon sehr selten vor, denn die meisten Pannen kommen unter der Woche in den früheren Morgenstunden rein. Es sind dann Zwischenfälle wie Motorschaden, kaputte Pneus, eingesperrte Autoschlüssel oder leere Benzintanks. «Ja, auch das kommt immer wieder vor», sagt Berger. Manchmal sei es, weil der Fahrer nicht auf den Füllstand geachtet habe, manchmal sei aber auch die Anzeige kaputt. Diese zeige noch genügend Treibstoff im Tank an, obwohl dieser leer ist.

Das Wetter ist ein guter Indikator für das Verkehrsaufkommen. «Ist es im Süden schöner als bei uns, fahren alle ins Tessin und wir haben dementsprechend auch mehr zu tun», sagt er. «Im Juli und August, während der Haupt- ferienzeit haben wir Hochbetrieb.» Da dürfe er keine Ferien machen. «Doch das trifft sich gut, ich bin Jäger und mache dann im September Ferien.» Nonstop sind in den Sommermonaten die Patrouilleure im Einsatz. «Die Ruhezeiten wie Mittagspause oder freie Tage müssen wir aber strikt einhalten», bekräftigt Berger.

Freie Ostertage

Berger ist unterdessen in Landquart angekommen. Fünf Patrouilleure arbeiten im Stützpunkt. Unter der Woche sind immer zwei Patrouilleure im Einsatz, am Wochenende deren drei. Wenn die Patrouilleure überlastet sind, kümmern sich die Vertragspartner um Pannen», sagt Berger. Schweizweit arbeitet der TCS mit rund 300 Vertragsgaragen zusammen, die nachts oder wenn alle Patrouilleure im Einsatz sind, einspringen.

Inzwischen ist es kurz vor halb sechs Uhr. Patrouilleur Berger macht sich auf den Heimweg. Das Osterwochenende steht vor der Tür und mit ihm ist Stau auf den Strassen garantiert. Berger indes darf sich an diesen Feiertagen getrost zurücklehnen, er hat für einmal frei.

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