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Und fast alles drehte sich um die Kohle

Aktionäre des Bündner Energiekonzerns Repower haben die Generalversammlung in Schiers dazu genutzt, Dampf abzulassen. Stein des Anstosses waren die beiden Kohlekraftwerkprojekte – einmal mehr.

Südostschweiz
05.05.11 - 02:00 Uhr

Von Enrico Söllmann

Schiers. – Fünf A4-Blätter umfasst die Medienmitteilung von Repower zur Generalversammlung, die gestern in Schiers über die Bühne gegangen ist. In dem Text wird zwar ausführlich aufs vergangene Geschäftsjahr mit dem zweitbesten operativen Ergebnis aller Zeiten zurückgeblickt und ein «verhaltener» Ausblick gewagt. Dass die Absicht der Konzernleitung, sich an den beiden Kohlekraftwerkprojekten im deutschen Brunsbüttel und im italienischen Saline Joniche zu beteiligen, an der Versammlung von zahlreichen Aktionären scharf kritisiert wurde, darüber wird in der Mitteilung jedoch kein Wort verloren.

Schon vor der Versammlung nutzte der Verein «Zukunft statt Kohle» die Gelegenheit, seinen Unmut zu äussern. An vorderster Front zeigte sich Präsidentin Tanya Schmid, die selbst in Schiers wohnt. Allerdings schlug sie leise Töne an. Schmid suchte das Gespräch mit Aktionären und verteilte Flyers zum Thema. Umso schärfere Töne schlugen dafür die Aktionäre während der Generalversammlung an. Neue Argumente trugen sie jedoch auch nicht vor.

Das Ende der Debatte verlangt

Die Aktionäre – einige von ihnen hatten extra den weiten Weg von Norddeutschland ins ferne Prättigau auf sich genommen – warfen Repower vor, mit der Beteiligung an den Kohlekraftwerken den Klimawandel zu beschleunigen. Diese würden zu viel CO2, Quecksilber, Feinstaub und weitere Schadstoffe ausscheiden. Zudem sehen sie Pflanzen- und Tierarten bedroht und fürchten um die Gesundheit der Anwohner. Statt auf «schmutzige» Kohle zu setzen, sollen erneuerbare Energie genutzt werden.

Als die Voten keine Ende mehr nehmen wollten, verlangte ein Aktionär in einem Ordnungsantrag den Abbruch der Kohledebatte. «Die Versammlung muss sich hier ungefragt Vorträge anhören, die nichts mit dem Traktandum Jahresbericht, Jahres- und Konzernrechnung 2010 zu tun haben», sagte er. Im Gegensatz zur Kohlegegner-Fraktion, die auf wenig Gegenliebe bei der Mehrheit der Aktionäre stiess, erntete er für seine Wortmeldung tosenden Applaus, und Verwaltungsratspräsident Eduard Rikli beendete die Diskussion.

Wunsch nach mehr Sachlichkeit

Rikli seinerseits hatte bereits zu Beginn der Versammlung den Wunsch nach mehr Sachlichkeit und Realitätsbezug bei der Energiedebatte geäussert. «Es ist keine Frage, dass wir uns längerfristig von fossilen Energieträgern lösen müssen.» Eine Neuausrichtung lasse sich aber nicht übers Knie brechen, diese benötige Zeit, betonte Rikli weiter. Abgesehen davon müssten ökonomische und ökologische Faktoren miteinander in Einklang gebracht werden.

Die Repower muss künftig auf die Dienste ihres Doyens Reto Mengiardi verzichten. Aus Altersgründen scheidet der 72-jährige Rechtsanwalt und alt Regierungsrat aus dem Verwaltungsrat des Bündner Energieversorgungsunternehmens aus. An der gestrigen Generalversammlung in Schiers wurde Mengiardi für seine «grossen Verdienste» von Verwaltungsratspräsident Eduard Rikli geehrt und gedankt. Mengiardi sass während insgesamt 33 Jahren im Verwaltungsrat, er hat damit den Aufstieg des damaligen regionalen Unternehmens Kraftwerke Brusio AG zum heutigen internationalen Konzern Repower begleitet.

Ebenfalls am Ende seiner Verwaltungsratskarriere angelangt ist Guido Lardi. Der frühere Gemeindepräsident von Poschiavo und Sekundarlehrer war während elf Jahren Mitglied.

Für Lardi und Mengiardi rücken die beiden Juristen, Grossrat Placi Berther und alt Regierungsrat Claudio Lardi, nach. Sie wurden bis 2014 neu in den Repower-Verwaltungsrat gewählt. Alle übrigen Mitglieder inklusive Präsident Rikli wurden für die Amtsdauer von drei Jahren bestätigt. (ens)

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