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Strohhaus kommt ohne Heizung aus

In lediglich einer Woche stand das Kuppelhaus an der Gütschstrasse in Gersau. Es wird mit Stroh als Dämmstoff isoliert. Und es fällt auf.

Südostschweiz
29.11.12 - 01:00 Uhr

Von Silvia Camenzind

Gersau. – Gleich neben dem Oberstufenschulhaus wurde innert einer Woche ein Holzbau erstellt. Auffallend sind seine zwölfeckige, kompakte Form und sein Kuppeldach. Beim Bau handelt es sich um ein Wohnhaus. Othmar und Regula Camenzind-Schumacher bauen ein Einfamilienhaus für sich und ihre drei Kinder. Die Familie hat sich aus ökologischen Gründen für einen Holzbau entschieden.

70 Zentimeter Strohisolation

Es muss schon zehn Jahre her sein, seit Othmar Camenzind in einer Zeitschrift erstmals von Stroh als unbehandeltem Isolationsmaterial las. Nun, da er konkrete Baupläne hatte, stolperte er wieder über das Thema, und so kommt es, dass der Lokführer zurzeit Überstunden abbaut und am künftigen Eigenheim Stroh stopft, bis Dach und Wände in einer Dicke von 70 Zentimetern isoliert sind. Die Bauherrschaft braucht für die Arbeiten an der Natur-pur-Isolation trockenes Wetter, zudem sind die Strohballen, die sich vor dem Haus türmen, schwer und mit Maschinen zu bearbeiten. Sie müssen zugeschnitten werden. Wegen der runden Hausform ist aber auch viel Körpereinsatz gefragt. Aussen auf die Strohisolation werden anschliessend eine Holzfaserplatte und eine Eternitverschalung montiert. Die Bauherrschaft zählt beim Bau ihres ganz besonderen Einfamilienhauses aufs lokale Gewerbe. Peter Camenzind, der das Fichten- und Tannenholz, das beim Hausbau zum Einsatz kam, zuvor in seiner Zimmerei zugeschnitten hatte, spricht von einem speziellen Auftrag: «Als Zimmermann finde ich das interessant, es ist etwas, das man sonst nicht machen kann.» Der Holzbau stand in fünf Tagen. Das Strohhaus ist eine Pionierleistung. Gemäss Othmar Camenzind gibt es in der Schweiz bisher lediglich etwa fünfzig mit Stroh isolierte Häuser, das Gersauer Haus ist das zwanzigste, welches Architekt Werner Schmidt erstellt. Das 150 Quadratmeter grosse Haus ist ein Passivhaus. Ziel ist, ohne aktive Raumheizung auszukommen. Für sehr kalte Tage steht ein Holzofen bereit. Im Erdgeschoss befinden sich die Schlafzimmer, darüber der offene Wohnbereich mit der Galerie als Spielwiese für die Kinder und Lichtluke in der Mitte der Dachkuppel. Ziel der Familie ist es, Ende Januar in das neue Haus einzuziehen.

Wer nun denkt, so ein Strohhaus brenne besonders schnell, liegt gemäss Homepage des Architekten Werner Schmidt falsch. Vonseitens des Brandschutzes gab es keine besonderen Auflagen. Die einzige war: Während der Bauzeit muss ein Wasserschlauch bei der Baustelle einsatzbereit liegen. Sind die Wände fertig verputzt, erfüllen sie gemäss Schmidt die Feuerwiderstandsklasse F90, was einer 25 Zentimeter dicken Betonwand entspreche. Auch für Tiere sei die Strohisolation kein Unterschlupf, da die Ballen zu stark verdichtet seien, um Mäusen einen Nestbau zu ermöglichen. (sc)

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