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Stadt will noch mehr Geld in die Busoffensive stecken

Die Stadt Rapperswil-Jona fördert zusammen mit den VZO aktiv den Busverkehr. Dennoch sind die Stadtbusse zu wenig ausgelastet. Der Grund: Das Angebot ist immer noch viel zu wenig bekannt.

Südostschweiz
31.05.12 - 02:00 Uhr

Von Nicole Bruhin

Rapperswil-Jona. – Jeden Tag das gleiche Bild: Zu den Stosszeiten wälzen sich die Autos in Massen durch Rapperswil-Jona. Was kann Abhilfe schaffen? Geht es nach der Stadt: die Stadtbusse. Seit diesem März werben die Verkehrsbetriebe Zürichsee Oberland AG (VZO) zusammen mit der Stadt aktiv für deren Benutzung.

Gemeinsam haben sie die Aktion «Tschau-Schtau» lanciert. Seit rund drei Monaten hängen die Plakate in der ganzen Stadt. Es ist ein Aufruf an die Bevölkerung, die Stadtbusse vermehrt zu benutzen. Deshalb haben Stadt und VZO zusätzlich Gratis-Busbillette an alle Einwohner versandt. 80 000 Franken hat diese Kampagne gekostet. Davon übernimmt die Stadt 50 000 Franken. Die restlichen 30 000 Franken tragen die VZO.

Heute läuft die Fahrkarten-Aktion ab. Die Verantwortlichen ziehen auf Anfrage der «Südostschweiz» ein erstes Fazit: «Es benützen immer noch viel zu wenige Einwohner die Stadtbusse», sagt Joe Schmid, Leiter Marketing der VZO. Den Hauptgrund glaubt er zu kennen: «Unser Angebot ist in Rapperswil-Jona noch nicht genug bekannt.» Mit der Kampagne «Tschau-Schtau» hätten die VZO und die Stadt einen ersten Schritt dagegen unternommen.

Einwohner schätzen die Gratisbillette

Und dieser Schritt stösst auf zahlreiche Reaktionen in der Bevölkerung: «Wir haben noch nie so viele Rückmeldungen auf eine Werbeaktion erhalten, das ist wirklich aussergewöhnlich», sagt Schmid. Viele hätten sich über das Gratis-Billett gefreut. «Wir gehen davon aus, dass bis heute etwa 60 Prozent der Einwohner das Billett eingelöst haben.»

«Die Aktion wurde von vielen Einwohnern als sehr positiv aufgenommen», sagt Schmid. Eine genaue Erhebung gebe es aber zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht.

«Tschau-Schtau» löste jedoch laut Schmid auch einige negative Rückmeldungen aus. Denn nicht jeder kann dem Bus fahren etwas abgewinnen. Und auch der Stau ist immer noch so lang, wie vor Beginn der Kampagne. Entsprechend scharf waren einige Reaktionen: «Der Bus steht immer noch selber im Stau», «das nützt doch nichts», «das ist naiv», oder «der Bus ist viel zu teuer».

Dies ist auch der VZO klar: «Die Busse können den Stau nicht einfach wegzaubern.» Deshalb versteht Schmid die Reaktionen. «Sie zeigen, dass das Thema enorm bewegt.» Deshalb müsse die VZO mit der Stadt die Bevölkerung besser abholen und sie für den Busverkehr sensibilisieren.

Angebot ist noch jung

In vergleichbaren Städten wie Uster und Wetzikon benutzen bereits doppelt so viele Menschen den Bus. «Dort hat man dasselbe Streckenangebot wie es heute in Rapperswil-Jona besteht, schon vor 20 Jahren eingeführt», sagt Stadtrat Walter Domeisen. Die Leute seien deshalb an den Bus gewöhnt. In Rapperswil-Jona sei das Angebot immer noch sehr jung, meint er weiter. Erst 2010 sei das Stadtbusnetz ausgebaut worden.

Damals wurde ein 15-Minuten-Takt im Südquartier eingeführt, eine neue Buslinie zwischen dem Cityplatz und dem Bahnhof Jona in Betrieb genommen, und die Linie 991 fährt seit 2010 täglich im 30-Minuten-Takt. Ebenso fährt der Lenggiser-Bus zu Stosszeiten alle Viertelstunden.

Stadt gegen Gratis-ÖV

Über einen weiteren Ausbau der Stadtbusse werde nachgedacht, spruchreif sei aber noch nichts, meint Joe Schmid. Nicht nur der Ausbau des Busnetzes ist ein Thema. Die SP Rapperswil-Jona fordert sogar Gratis-ÖV in der ganzen Stadt. Eine solche Eingabe hat die Partei im letzten Stadtforum gemacht. Rapperswil-Jona wäre nach Tallinn, der Hauptstadt Estlands, erst die zweite europäische Stadt, die einen Gratis-ÖV anbieten würde.

Die Kosten nur für gratis Busfahren in Rapperswil-Jona würden sich jährlich auf rund 1,5 Millionen Franken belaufen. Diese Summe müsste der Steuerzahler berappen. Auch wenn dieser keine Busse benutze. Walter Domeisen ist skeptisch: «Die Kosten nach dem Giesskannenprinzip auf die Bevölkerung zu verteilen, wird schwierig.» Und weiter: «Der Stadtrat steht diesem Vorschlag deshalb eher ablehnend gegenüber.» Immerhin: Nach einem Antrag der Juso stimmt die Stadt St. Gallen am 17. Juni über einen Gratis-ÖV unter 25 Jahren ab.

Gratis-ÖV hin oder her: Die Stadt ist sich bewusst, dass weitere Massnahmen folgen müssen, wenn Rapperswil-Jona nicht auch in Zukunft in der Verkehrslawine ersticken will. Deshalb möchte die Stadt noch mehr Geld in weitere Kampagnen investieren (siehe Box).

Rapperswil-Jona. – Die Busoffensive «Tschau-Schtau» wird im Sommer weiter Fahrt aufnehmen. In dieser nächsten Phase sollen die Haushalte und Firmen in Rapperswil-Jona direkt angesprochen werden.

Zusammen mit der Stadt schicken die Verkehrsbetriebe Zürichsee Oberland AG (VZO) – nach dem Motto steter Tropfen höhlt den Stein – Briefe mit dem aktuellen Fahrplan an die Einwohner. In dem Brief werden die Empfänger über die Busfahrmöglichkeiten im jeweiligen Quartier informiert. Jeder Haushalt in Rapperswil-Jona soll so über das für ihn relevante Busangebot in der Stadt im Bilde sein.

Die Info-Kampagne nimmt zusätzlich auch alle Arbeitgeber in Rapperswil-Jona ins Visier. Insbesondere die Mitarbeiter der grösseren Industriebetriebe in der Stadt will die Stadt zum Umstieg auf den Bus bewegen. «Die Firmen sollten ihre Angestellten für den öffentlichen Verkehr sensibilisieren», sagt VZO-Marketingleiter Joe Schmid.

Der Fokus auf die Unternehmen hat einen Grund: Viele Arbeitgeber hätten ein Parkplatz-Problem, so Schmid. «Wenn die Arbeiter das Busangebot mehr nützen würden, wäre dieses Problem gelöst.» Zudem gäbe es damit viel weniger Autos während der Stosszeiten. Schmid sieht bei den Arbeitgebern deshalb grosses Potenzial im Kampf gegen den Stau in den Strassen von Rapperswil-Jona. (nb)

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