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St. Moritz erinnert an Paracelsus

St. Moritz Bad Anfang Juli ist in St. Moritz Bad das neu renovierte Paracelsusgebäude von 1866 eröffnet worden und trägt nun den Namen «Forum Paracelsus». Ein kleines Museum erinnert an den weltberühmten Arzt aus Einsiedeln.

Südostschweiz
09.10.14 - 02:00 Uhr

HANS STEINEGGER

Er stammte aus Egg bei Einsiedeln – der weltbekannte Arzt, Philosoph, Heiler und Alchemist Theophrastus von Hohenheim (1493–1541), genannt «Paracelsus». Seinen Namen tragen inzwischen vielerorts Apotheken, Kliniken, Schulen und Spitäler. Seit Anfang Juli erinnert an ihn auch das «Forum Paracelsus» im ebenso weltberühmten St. Moritz, ist doch die alte Bäderkultur und der spätere Weltkurort mit dem Naturheilarzt eng verknüpft.

Heilquelle aus der Bronzezeit

Der Ursprung der Heilquellen im Oberengadin reicht über drei Jahrtausende zurück: Die 1853 im heutigen St. Moritz Bad entdeckte und 1907 ausgegrabene Heilquelle gilt denn auch als die älteste vollständig erhaltene Quellfassung aus Lärchenholz im Alpenraum. Nach archäologischen Befunden stammt sie aus dem Jahre 1411 vor unserer Zeitrechnung, also von vor genau 3425 Jahren. Weihegaben wie Schwerter und Nadeln aus der Bronzezeit, die damals im Quellengrund gefunden wurden, belegen, dass hier schon die Kelten Heilung suchten.

Die ersten urkundlichen Überlieferungen datieren aus dem späten Mittelalter. Sie berichten von Wallfahrten zur Quellenkirche, die dem um 285 n. Chr. im Wallis verstorbenen heiligen Mauritius geweiht war, der auch dem Ort den Namen gab. Die Rede ist zudem vom besonders gesegneten und heilbringenden Wasser der «Mauritiusquelle». Nicht verwunderlich, dass Papst Leo X. im Jahre 1519 jenen, die zur Quellenkirche pilgerten, die vollständige Absolution versprach.

Paracelsus 1535 in St. Moritz

Nur wenige Jahre später, 1535, hielt sich Paracelsus in St. Moritz auf. Er soll von der Heilkraft der Quellen tief beeindruckt gewesen sein, was sich 1537 auch in seiner Abhandlung über die «tartarischen Krankheiten» niederschlug. Er berichtet darin vom Sauerbrunnen im Engadin bei St. Moritz und hält wörtlich fest, dass der «Brunn im Augusto am säuristen» laufe. Wer von diesem Mineralwasser trinke, das «wie einer Artzney gebührt», der könne «von Gesungheit sagen …». Ende des 19. Jahrhunderts wurde die Sauerquelle offiziell «Mauritiusquelle» getauft, um sie von der 1815 entdeckten und inzwischen versiegten Quelle zu unterscheiden, die den Namen «Paracelsusquelle» erhielt.

Erstes Kurhaus mit Trinkhalle

Die heilende Wirkung des Wassers machte St. Moritz als Kurort weltweit bekannt, wenn auch Rückschläge zu verzeichnen waren. So wurde 1566 die Quelle durch Überschwemmungen verschüttet und darauf lange Zeit vernachlässigt. Ende des 16. Jahrhunderts liess dann ein polnischer Edelmann zum Dank für eine erfolgreiche Kur bei der Quelle eine einfache Hütte errichten. 1667 lehnte die Gemeinde jedoch den Bau eines Gasthauses durch einen Herzog von Savoyen ab, und zwar aus Angst vor Konkurrenz für die Wirte im Dorf. So blieb die Umgebung der Quelle in einem kläglichen Zustand, ebenso um 1811 das rege genutzte Brunnenhaus mit Trinkzimmer, Pferdestall und Aufenthaltsraum im Obergeschoss. Erst ab 1815 wurden vor allem jüngere Bürger aktiv: Der Lauf des Inns wurde korrigiert, das Quellenareal entsumpft und eine Strasse vom Dorf ins Bad gebaut. Die 1832 gegründete «Heilquellen-Gesellschaft» eröffnete ein kleines Kurhaus mit Trinkhalle, Badeeinrichtungen und Unterkunft für den Badearzt. Doch durften bei den Quellen laut Vertrag mit der Gemeinde weiterhin keine Gasthäuser erstellt werden.

Forum Paracelsus

Das frühe 19. Jahrhundert leitete die erste Blütezeit für St. Moritz ein, während ab 1864 dank dem neuen Kurhotel (129 Gästezimmer, Saal mit 300 Plätzen) bis zum Ausbruch des Ersten Weltkrieges «die goldenen Jahre» folgten. In jüngster Zeit setzten Neubauten wie das Heilbadzentrum (1976) und das St. Moritzer Hallenbad (2014) ganz im Sinne des «Quellengeistes» unverwechselbare Akzente. Anfang Juli hat nun nach der Restaurierung des Paracelsusgebäudes von 1866 – neu «Forum Paracelsus» genannt – die Mauritiusquelle einen eigenen Ausstellungsraum erhalten. Im Untergeschoss wird in Wort und Bild mit modernster Technik die eindrückliche Geschichte der St. Moritzer Bäderkultur vermittelt. Zudem lädt der Trinkbrunnen zur Degustation des Sauerwassers ein. Zu sehen ist – neben bronzezeitlichen Schwertern und Trinkgläsern aus dem einstigen Heilbad – auch die uralte hölzerne Mauritius-Quellfassung, die bisher im Engadiner Museum beheimatet war. Das kleine Museum ist bei freiem Eintritt täglich von 07.00 bis 20.00 Uhr zugänglich. Im «Forum Paracelsus» finden überdies künftig auch Konzerte, Lesungen, Feiern und Workshops statt.

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