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Skifahren in Graubünden – made in China

Seit einem Jahr unterrichten in den Destinationen Davos-Klosters und Engadin-St. Moritz Skilehrer aus China. Damit reagieren die Skigebiete auf das Bedürfnis der chinesischen Gäste. An Automatismus fehlt es aber noch.

Südostschweiz
20.12.14 - 01:00 Uhr

Nadja Maurer

Rund um Peking, der Hauptstadt Chinas, gibt es etwa 70 Skihügel. Hügel, die ungefähr der Steigung eines Kinderskilandes hierzulande entsprechen. Aber trotzdem: In China wird skigefahren – und zwar häufiger, als man denkt.

In der Schweiz ist auf das Bedürfnis der Chinesen nach Skifahren reagiert worden, unter anderem auch in Graubünden. Seit einem Jahr führt Schweiz Tourismus zusammen mit Swiss Snowsports das Pilotprojekt «Chinesische Skilehrer in der Schweiz» durch. Acht Destinationen, darunter Davos-Klosters und Engadin-St. Moritz, sind am Projekt beteiligt. Dort arbeiten seit einem Jahr eine Skilehrerin (Davos) beziehungsweise ein Skilehrer (St. Moritz) aus China. Sie unterstützen ihre Landsleute bei ihren ersten Schwüngen auf der Piste. «Wir haben sehr positive Erfahrungen gemacht mit dem Projekt», sagt Mirjam Bruder, Leiterin Marktbearbeitung bei Engadin-St. Moritz (ESTM). Die Gäste seien dankbar, einen Ansprechsperson zu haben, der ihre Sprache spreche. China sei ein interessanter Markt und mit fünf Millionen Skifahrern auch im Winter spannend. «Wir haben zwar nach wie vor noch mehr chinesische Gäste im Sommer, aber wir wollen – mit St. Moritz als Geburtsstätte des Wintertourismus – den Winter als europäischen Lifestyle in China positionieren», erklärt sie.

Auch in Davos sind die Erfahrungen mit dem Pilotprojekt positiv. «Es ist eine Win-win-Situation. Einerseits lernen wir die chinesische Kultur kennen, andererseits ist der Skilehrer ein Botschafter für uns in China», sagt Nuot Lietha, Leiter Medien bei Davos-Klosters (siehe auch Nachgefragt). Der Aufgabenbereich der Skilehrerin Shuyao Song, die einzige Frau der insgesamt acht chinesischen Skilehrpersonen des Projekts, wurde gar ausgeweitet. «Sie arbeitet zwar als Skilehrerin, aber auch als eine Art Concierge», erklärt Lietha. Shuyao begleite chinesische Gruppen durch Davos und zeige ihnen, wo sie was finden.

Mehr Automatismus nötig

In beiden Destinationen soll das Projekt weiterverfolgt werden. Darüber freut sich Barbara Haller-Rupf vom Institut für Tourismus- und Freizeitforschung an der HTW Chur. Haller begleitet das Pilotprojekt «Chinesische Skilehrer in der Schweiz» wissenschaftlich. Was die Bearbeitung des chinesischen Marktes anbelangt, gehört für sie Davos zu den Vorreitern. «Mit den Package- Angeboten wie ‘First Winter Experience’ oder der Plattform ‘Davos Inside’, die auch auf chinesisch verfügbar ist, gehen sie auf die Bedürfnisse der chinesischen Gästen ein», so Haller. Trotzdem seien die Strukturen – schweizweit gesehen – noch nicht genug automatisiert. «Die Chinesen möchten alles aus einer Hand. Bei uns müssten sie aber das SBB-Billett separat lösen, die Unterkunft separat reservieren, die Skischule separat buchen», erklärt Haller. Hier seien auch die Destinationen mit ihren Leistungsträgern gefordert. Ausserdem würden die Chinesen ein Rundumerlebnis erwarten. Skifahren alleine genüge nicht.

Ist China nun in Anberacht der sinkenden Logiernächte aus Europa ein Hoffnungsträger? «Der Markt birgt ein grosses Potenzial. Man kann die Verluste aus Europa aber nicht mit chinesischen Gästen kompensieren», stellt Haller klar.

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