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Schwuler Nationalrat für die SVP

Nach der Wahl des Berners Adrian Amstutz in den Ständerat rückt im Nationalrat dessen Parteikollege Thomas Fuchs nach. Damit sitzt erstmals ein bekennender Homosexueller für die SVP im Parlament.

Südostschweiz
08.03.11 - 01:00 Uhr

Von Simon Fischer

Bern. – Schon am Tag nach der Wahl des Berner SVP-Nationalrats Adrian Amstutz in den Ständerat ziert das Konterfei von dessen Nachfolger die Website der Homosexuellen-Gruppierung Gay SVP. «Nationalrat Thomas Fuchs – Unser Mann in Bern» steht darunter. Denn der Berner Grossrat ist einer der wenigen Homosexuellen in der Partei, die zu ihrer Neigung stehen. Und er ist vor allem der erste bekennende schwule SVP-Politiker, der den Einzug ins Parlament geschafft hat.

«Fuchs kann Brücken schlagen»

In der Rechtspartei tut man sich allerdings immer noch schwer im Umgang mit gleichgeschlechtlicher Liebe. Umso grösser ist die Freude bei Gay SVP-Präsident Beat Feurer. «Fuchs ist jetzt näher an den Entscheidungsträgern der Partei und kann Brücken schlagen zwischen uns und den SVP-Parlamentariern.» Das werde der Gay SVP sicher Türen öffnen, zeigt sich Feurer überzeugt. Denn oft sei nicht klar, woher die parteiinternen Widerstände gegen Homosexualität kämen. «Entweder haben die Kritiker generell Probleme mit unserer sexuellen Ausrichtung, oder sie sind sich selber nicht im Klaren, wo sie diesbezüglich stehen», sagt Feurer.

Tatsächlich hat die Gay SVP seit ihrer Gründung im letzten Jahr immer wieder mit Anfeindungen aus den eigenen Reihen zu kämpfen. Am weitesten ging die Junge SVP Wallis, welche die Gruppierung als «Krebsgeschwür, das man mit Chemotherapie behandeln muss» bezeichnete.

Viel Skepsis bei den Parteikollegen

Hört man sich unter SVP-Parlamentariern um, wird schnell klar: Als Politiker ist Fuchs akzeptiert, seiner Zugehörigkeit zur Gay SVP wird allerdings viel Skepsis entgegengebracht. Nach seiner Meinung gefragt, erklärt Parteipräsident Toni Brunner kurz und knapp: «Das ist seine Privatsache und für uns deshalb kein Thema.» Fuchs’ Vorgänger Amstutz meint, der Neuling müsse sich jetzt mit seiner politischen Arbeit beweisen, und im Herbst werde die Wählerschaft entscheiden. Er betont ausserdem, die Gay SVP sei keine Parteisektion, sondern lediglich eine Gruppe, die sich mit dem Parteilogo schmücke. Und der Walliser Nationalrat Oskar Freysinger schimpft, es sei völlig unnötig, dass es solche Gruppierungen überhaupt gebe. «Wo kämen wir da hin, wenn jeder seine Sexualität politisch thematisieren würde? Morgen könnten die Sadomasochisten kommen, und übermorgen die Fetischisten.»

Viele andere SVP-Exponenten winken ab und wollen sich nicht äussern. Zu heikel scheint die Thematik für sie zu sein. Nur hinter vorgehaltener Hand werden Sprüche geklopft, die sich mal mehr, mal weniger weit unter der Gürtellinie bewegen. «Ich bin froh, dass ich im Nationalratssaal nicht vor, sondern hinter ihm sitzen werde», hört man da etwa.

«Mehr Angst vor den Vegetariern»

Thomas Fuchs selber nimmt es gelassen. Wegen seiner Zugehörigkeit zur Gay SVP werde es sicher keine Probleme geben im Parlament. Andere seien Mitglied im Bauernverband, und er eben in der Gay SVP. «Wäre ich Bauer, hätte ich im Übrigen mehr Angst vor den Vegetariern als vor den Homosexuellen», sagt er lachend.

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