×

Schuders und das etwas andere Krippenspiel

So tief wie dieses Jahr hat in Schuders die Maria im Krippenspiel noch nie gesprochen. Eine heitere Weihnachtsgeschichte aus einem Dorf, das auch ohne Schüler an einer schönen Tradition festhält.

Südostschweiz
22.12.14 - 01:00 Uhr

Von Pierina Hassler

Schuders. – Während vieler Jahre führten die Schülerinnen und Schüler im 38-Seelen-Dorf Schuders ein Krippenspiel auf. Doch jetzt hat es keine Schüler mehr. Sie sind entweder weggezogen oder mit der Schule fertig und bis die kleinen Kinder eingeschult werden, dauert es noch eine Weile. Doch davon lassen sich die Prättigauer ihre Tradition nicht vermiesen. Kurzerhand übernahmen der Lehrer, der Postautochauffeur, der Pfarrer, der Zimmermann, der Pfarrer, der Professor und der Wirt die Rollen. Am Heiligabend präsentieren sie in der Bergkirche das Stück «Mann spielt Weihnachten».

Doch noch sind die Mutigen ziemlich nervös. «Wir sind zwar eine gute Truppe, aber haben seit Langem kein Theater mehr gespielt. Darum macht das Auswendiglernen doch ein bisschen Mühe», gesteht Walter Tschopp, Wirt vom Berggasthaus «Post». «Wir bibbern.» Aber das sei beim Projekt «Sechs Männer machen ein Krippenspiel» der einzige Nachteil. Sonst habe man eine gute, amüsante und bereichernde Zeit zusammen verbracht. «Wir haben gelacht, diskutiert, aber auch debattiert.»

Spezielles Krippenspiel

Und das kam so: Ohne Weihnachtsfeier geht nichts im kleinen Prättigauer Bergdorf, und weil die Kinder fehlen, entstand die Idee eines männlich geprägten Krippenspiels. «Ausser Maria sind ja auch in der Original-Weihnachtsgeschichte alle männlich», sagt Tschopp. Aber ein spezielles Krippenspiel sollte es schon sein, an die neue Schuderser Realität angepasst.

Darum bat Tschopp den bekannten Schriftseller und Pfarrer Ulrich Knellwolf um eine Weihnachtsgeschichte. Und bekam sie. «Ich fand die Idee sehr gut, dass ausschliesslich Männer mitspielen», sagt Knellwolf. Er habe dann eine Weihnachtsgeschichte in Versform nach Schuders geschickt. «Ich dachte, die Männer würden die Verse in der Kirche ablesen.» Und darum wunderte er sich, als er erfuhr, dass die Schauspieler alles auswendig lernten. «Eine Heidenarbeit», so Knellwolf, der sich seit vielen Jahren – neben seinen ebenfalls sehr erfolgreichen Kriminalromanen – mit Variationen von biblischen Geschichten befasst. Ihm gefällt die Idee der Schuderser, eine Tradition mit den aktuell zu Verfügung stehenden Mitteln weiterleben zu lassen: «So bleibt nicht nur die Dorftradition lebendig, sondern auch die Weihnachtsgeschichte.»

Lehrer, Pfarrer, Zimmermann …

Ueli Thöny war lange Lehrer in Schuders. Er hat Knellwolfs Weihnachtsverse den Prättigauer Verhältnissen angepasst. «Vor allem bei der Sprecherrolle musste ich ein paar Änderungen machen», erzählt Thöny. Er habe die Texte von Schweizerdeutsch auf Hochdeutsch übersetzt und sie noch mit einem Augenzwinkern versehen. «Knellwolfs Originaltext war uns etwas zu niedlich, zu süss, wir sind schliesslich Männer», sagt Thöny und lacht.

Und so tragen am 24. Dezember um 20 Uhr im Schuderser Bergkirchlein der Lehrer, der Postautochauffeur, der reformierte Pfarrer, der Zimmermann, der Professor und der Wirt schwarze Anzüge und je nach Kapitel in der Geschichte «Mann spielt Weihnachten» unterschiedliche Hüte.

Kommentieren
Wir bitten um euer Verständnis, dass der Zugang zu den Kommentaren unseren Abonnenten vorbehalten ist. Registriere dich und erhalte Zugriff auf mehr Artikel oder erhalte unlimitierter Zugang zu allen Inhalten, indem du dich für eines unserer digitalen Abos entscheidest.
Mehr zu MEHR