×

Schnelle Knieheilung mit Druckluft, Stahl und Silikon

Die Hochschule für Technik Rapperswil (HSR) ist vor allem für ihre Ingenieursausbildung bekannt. Die wird nicht zuletzt wegen der Forschungsinstitute an der HSR immer besser. Die «Südostschweiz» stellt jeden Montag ein Institut vor.

Südostschweiz
18.02.13 - 01:00 Uhr

Von Willi Meissner

Rapperswil-Jona. – Jedes Jahr verletzen sich Tausende Menschen in der Schweiz am Knie. Oft ist eine Operation nötig. Häufig folgt danach eine langwierige Rehabilitation mit regelmässigen Besuchen bei Physiotherapeuten und zahllosen Übungen, um die Beweglichkeit der Kniescheibe wieder herzustellen.

Das könnte bald ein Gerät erledigen, das am Institut für Labortechnologie (ILT) an der Hochschule für Technik Rapperswil (HSR) entwickelt wurde. Es sieht aus wie eine komplizierte Knieschiene – und arbeitet automatisch. «Ein Greifer bewegt die Kniescheibe so, wie es die medizinische Diagnose vorschreibt», erklärt ILT-Leiterin Agathe Koller-Hodac.

Dafür mussten die acht Mitarbeiter am ILT dem komplizierten Gebilde aus Stahl, Silikon, Schaumstoff und Druckluftpumpe beibringen, wie ein Physiotherapeut zu arbeiten. Sowohl mechanisch als auch über die Programmierung des Geräts. Sensible Behandlungen müssten aber weiterhin von Therapeuten durchgeführt werden, betont Koller-Hodac. Künftig soll das Gerät in Spitälern, Physiotherapiezentren und bei Patienten zu Hause eingesetzt werden.

Schnellere Heilung, weniger Kosten

Die Vorteile, die sich Auftraggeber Srm-Projects, eine Tochter der Swissrehamed aus Chur, davon erhofft: Geringere Kosten für die Heilung, weniger Fliessbandarbeit für Therapeuten und eine schnellere Rehabilitationszeit der Patienten.

Momentan wird in einer Pilotstudie ermittelt, ob das Gerät im Vergleich zur Behandlung durch einen Physiotherapeuten bestehen kann. Dafür arbeiten ILT und Swissrehamed mit der Klinik Gut in St. Moritz und dem Swiss Olympic Medical Centre Bad Ragaz zusammen.

«Sobald der wissenschaftliche Beweis per Doppelblindstudie erbracht ist, können wir das Gerät zur Serienreife weiterentwickeln», sagt Swissrehamed-Projektmanager Joeri Gredig.

Mit der Arbeit des ILT zeigt er sich sehr zufrieden. «Man spürt den Enthusiasmus der Mitarbeiter», sagt Gredig. Ausserdem seien die Institute sehr wach und technisch auf dem neuesten Stand. Deshalb habe Swissrehamed bereits weitere Projekte an der HSR laufen.

Blutprobenanalyse automatisieren

Die Automation spielt auch bei einem weiteren Projekt am ILT eine grosse Rolle. Gemeinsam mit der Firma Camag aus Muttenz entwickelte das Institut ein Laborinstrument, das Blutproben ohne menschliches Zutun analysieren kann.

«Bisher müssen Blutproben per Hand mehrfach weiterverarbeitet werden, bis sie analysiert werden können», erklärt Koller-Hodac. Mit dem neuen Gerät könnten biologische Labore und Spitäler künftig bis zu 500 Blutproben auf sogenannten DBS-Karten pro Durchlauf automatisch analysieren lassen. Eine ebenfalls automatisierte, intelligente Videoüberwachung stellt dabei sicher, dass keine Fehler passieren. Der sogenannte DBS-MS 500 steht kurz vor der Serienreife.

Bei Camag bereut man die Zusammenarbeit mit dem ILT nicht. «Wir haben enorm vom Know-how des ILT und der Vernetzung innerhalb der HSR profitiert», sagt Matthias Loppacher, Leiter Forschung und Entwicklung. «Besonders bei kritischen Fragestellungen hat uns das ILT immer schnell unterstützt und bei Bedarf zur Ergänzung des eigenen Know-hows weitere Spezialisten von anderen HSR-Instituten zu Rate gezogen.»

Bildüberwachung sehr gefragt

An spannenden Projekten wird es dem ILT laut Koller-Hodac auch künftig nicht mangeln. Die Kombination aus Laborautomation, Robotik, Sensorik, Medizinaltechnik und den «Life Science» genannten Biowissenschaften sei schweizweit einzigartig.

Ausserdem gebe es eine grosse Nachfrage nach dem Wissen des ILT in der Umgebung. «In der Region sind im Liquid-Handling-Bereich tätige Unternehmen, die einen weltweiten Marktanteil von über 40 Prozent angesiedelt haben», sagt Koller-Hodac. Darunter Zulieferer für bekannte Firmen wie Novartis oder Roche.

Einen wichtigen Trend der Zukunft sieht Koller-Hodac in der Bildüberwachung. «Die Branche zeigt ein wachsendes Interesse, mit Kameras die Prozesssicherheit zu erhöhen», sagt sie. Prävention sei günstiger als Fehlerbeseitigung.

Weitere Informationen auf www.ilt.hsr.ch

Kommentieren
Wir bitten um euer Verständnis, dass der Zugang zu den Kommentaren unseren Abonnenten vorbehalten ist. Registriere dich und erhalte Zugriff auf mehr Artikel oder erhalte unlimitierter Zugang zu allen Inhalten, indem du dich für eines unserer digitalen Abos entscheidest.
Mehr zu MEHR