×

Schiesssport ganz ohne Ohrenschutz

Dieses Wochenende wird in Domat/Ems eine Meisterschaft für Schützinnen und Schützen prähistorischer Jagdwaffen ausgetragen. Die Teilnehmenden kämpfen mit Speerschleuder, Pfeil und Bogen.

Südostschweiz
10.06.12 - 02:00 Uhr

Von Ueli Handschin

Domat/Ems.– Wohnmobile, Wohnwagen und Zelte: Die mehr als 100 Fans jeden Alters, die gestern zu der nach 2008 und 2010 nunmehr dritten Auflage des Wettkampfs im Speerschleuderschiessen und prähistorischen Bogenschiessen kamen, das zur Europameisterschaft zählt, haben sich auf der Schafweide vis-à-vis der Ems-Chemie niedergelassen. In einem Festzelt wird für Speis und Trank gesorgt, und an Marktständen wird feilgeboten, was vor Tausenden von Jahren begehrt gewesen ist: Messer mit steinernen Klingen, Behältnisse aus Birkenrinde, Leder und Felle und Gerätschaften aus Horn.

Heute sind die Speerschleudern dran

Als Turniergelände dient der Tuma Padrusa. Der Verein für Prähistorische Jagdtechniken Graubünden mit seinen rund 30 Mitgliedern platzierte am Hügel zehn Scheiben. Die Bogenschützen absolvierten diesen Parcours gestern dreimal, heute Sonntagvormittag werden die Speerschleuderer jeweils 30 Schuss abgeben.

Die Speerschleuder war in vorgeschichtlichen Zeiten eine Hightech-Waffe. Ein findiger Kopf kam vor rund 22 000 Jahren auf die Idee, durch die künstliche Verlängerung seines Armes die Reichweite und Durchschlagskraft seines Speeres zu vergrössern. Dazu dürfte ihm ein Ast gedient haben, in dessen Ende er einem Haken schnitzte, an dem der Speer sich einrasten liess. Damit abgeschossen, erreichte die Waffe die doppelte Reichweite.

Auch für die am Turnier eingesetzten Pfeile, Bogen und Schleudern gilt: Sie dürfen ausschliesslich aus Materialien bestehen, die auch schon den Steinzeitmenschen zur Verfügung standen. Nicht nur Kunststoffe, sondern auch alle Metalle sind also tabu. Manche Fans der Urzeiten kleiden sich bei ihren Anlässen ausserdem so, wie es damals gewesen sein könnte. Jürg Hassler, Präsident des Organisationskomitees, etwa führte in Kleidern aus Hirschleder durch die Veranstaltung.

Dass es diesen Schiesssport ohne jede Lärmbelästigung überhaupt gibt, ist jungen Archäologen zu verdanken, die vor gut zwei Jahrzehnten begannen, mit urzeitlichen Waffen zu schiessen. Was sie ausgegraben und nachgebaut hatten, wollten sie auch praktisch erproben, wie Hassler erläuterte. Dass die neue Sportart ohne tierischen Ernst auskommt, zeigt der Umstand, dass die Beteiligten ihre erzielten Punkte selber zählen und es dafür keine Punkterichter gibt.

Kommentieren
Wir bitten um euer Verständnis, dass der Zugang zu den Kommentaren unseren Abonnenten vorbehalten ist. Registriere dich und erhalte Zugriff auf mehr Artikel oder erhalte unlimitierter Zugang zu allen Inhalten, indem du dich für eines unserer digitalen Abos entscheidest.
Mehr zu MEHR