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Rick Santorum gibt dem Rennen eine neue Wendung

Wahlschocker im Mittleren Westen der USA. Rick Santorum gelingt ein politischer Hattrick bei den Vorwahlen der Republikaner. Er zwingt einen abgestraften Mitt Romney in eine Zweifrontenkrieg.

Südostschweiz
09.02.12 - 01:00 Uhr

Von Thomas J. Spang

Washington. – Die Müdigkeit stand dem Überraschungssieger bei den republikanischen Vorwahlen von Colorado, Minnesota und Missouri ins Gesicht geschrieben. Die Schminke konnte die Ringe unter den Augen des Kandidaten kaum verdecken. Nach ein paar Stunden Schlaf tauchte Rick Santorum gestern schon wieder im Morgenfernsehen auf. Der erzkonservative Katholik aus Pennsylvania hat keine Zeit zu verlieren, seinen dreifachen Triumph im Mittleren Westen auszuschlachten und sich als die Alternative zu Mitt Romney als republikanischer Präsidentschaftskandidat zu empfehlen.

«Ich denke die Konservativen beginnen zu verstehen, dass wir die beste Wahl sind, um Präsident Obama zu schlagen», erklärte Santorum gegenüber CNN. Eine Breitseite gegen Romney und Newt Gingrich, die er bei den drei Vorwahlen am Dienstag deklassiert hatte. «Wir sind definitiv das Wahlkampfteam, das zurzeit den Rückenwind und den Enthusiasmus an der Basis hat.»

Satte 55 Prozent in Missouri

Dieser Analyse lässt sich nach den jüngsten Kapriolen im republikanischen Rennen um die Präsidentschafts-Nominierung kaum widersprechen. Die Ergebnisse in den drei wichtigen Staaten mit vielen Wechselwählern, die ein republikanischer Kandidat im November überzeugen können muss, um den Amtsinhaber abzulösen, sprechen eine deutliche Sprache.

Santorum, der Anfang Januar schon die ersten Vorwahlen in Iowa knapp gewonnen hatte, hängte Romney sowohl im nördlich angrenzenden Minnesota als auch in dem südlich gelegenen Missouri deutlich ab. In Minnesota setzte sich Santorum mit 45 Prozent durch. Romney ging hier mit nur 17 Prozent abgeschlagen als Dritter noch hinter Ron Paul über die Ziellinie. In Missouri, das stets ein guter Indikator für das politische Klima in den USA ist, schlug der konservative Ex-Senator Romney mit 55 zu 25 Prozent der Stimmen.

Zu einer ausgesprochenen Zitterpartie entwickelten sich die Vorwahlen in Colorado, wo die Ergebnisse erst spät in der Nacht eintrudelten. Santorum hatte am Ende auch hier die Nase fünf Prozentpunkte weiter vorn. Und das in einem Staat, der ganz ähnlich wie Nevada eine starke Minderheit an Mormonen hat, die ihren Glaubensbruder Romney fast ohne Ausnahme wählten.

Der Verlierer war am Wahlabend in einem nicht einmal halb gefüllten Saal in Denver aufgetreten. Romney verhaspelte sich am Anfang seiner hastig umgestellten Rede, als er seinen «vielen Freunden» erklärt, er sei ziemlich zuversichtlich «als Nummer 1, äh, oder Nummer 2» aus dem Rennen hervorzugehen. Zu diesem Zeitpunkt lagen nur die Ergebnisse für Colorado noch nicht vor. «Das ist eine gute Nacht für Santorum», räumte Romney mit Blick auf die beiden anderen Siege seines Konkurrenten ein und meinte, er habe ihm einen Glückwunsch auf dem Anrufbeantworter hinterlassen. Dennoch gehe er davon aus, die Nominierung schliesslich zu gewinnen.

«So etwas nennt man Versagen»

Analysten werteten den Ausgang der Vorwahlen im Mittleren Westen der USA als Zurückweisung Romneys, dem es trotz seiner Siege in Florida und Nevada nicht gelingt, die Basis aus Tea-Party-Anhängern und christlichen Fundamentalisten um sich zu scharen. «Romney hat mehr Geld, mehr nationale Erfahrung, mehr Berater und Personal. Und schönere Haare», frotzelte der Politologe Paul Begala, ein alter Hase im Wahlkampfgeschäft. «Und trotzdem verliert Mitt. So was nennt man Versagen.»

Santorum kann nun mit Fug und Recht behaupten, vier von acht Vorwahlen bei den Republikanern gewonnen zu haben. Eine mehr als Romney und drei mehr als Newt Gingrich. Der Dreifach-Erfolg trägt dem ehemaligen Senator aus Pennsylvania nun nicht nur neue Aufmerksamkeit in den Medien, sondern auch frische Ressourcen ein, die er dringend braucht, um am Super-Dienstag am 6. März konkurrieren zu können, wenn in zehn Bundesstaaten gleichzeitig gewählt wird.

Bisher hing der Kandidat mit dem Messdiener-Image vom Milliardär Foster Friess ab. In der Wahlnacht stand dieser gleich neben seinem Schützling vor dessen enthusiastischen Anhängern in St. Charles im Bundesstaat Missouri. «Ich stehe hier als die konservative Alternative zu Barack Obama», erklärte Santorum, bevor er seine ätzende Kritik an Romney erneuerte. Bei der Gesundheits- und Umweltpolitik unterscheide sich dieser nicht vom Amtsinhaber. «Mitt Romney vertritt dieselben Positionen wie Barack Obama.»

Für Romney wird es schwieriger

Das Rennen um die Nominierung hat mit dem Schocker im Mittleren Westen abermals eine unerwartete Wendung genommen und die Medien ein weiteres Mal auf dem falschen Fuss erwischt. Dabei war die Unzufriedenheit mit Romney, dem «Moderaten aus Massachusetts», bei Gesprächen mit Wählern von Iowa über New Hampshire, South Carolina bis nach Florida nicht zu überhören gewesen.

Romney könnte nun in eine Zweifrontenschlacht verwickelt werden. Mit Gingrich, der seine Basis im Süden hat und Santorum im Mittleren Westen sowie in den alten Industriestaaten des sogenannten Rostgürtels. Paul seinerseits hat versprochen, bis zum Ende um Delegierte zu kämpfen. Damit wird der Weg Romneys zu den 1144 Delegierten, die er für die Nominierung auf dem Wahlparteitag Ende August in Tampa braucht, schmaler. Bis jetzt verfügt Romney über 107 Delegierte, Santorum über 45 und Gingrich über 32.

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