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Reto Branschi: «Ich bin überrascht»

Der Konkurs der «Intercontinental»-Betreiber in Davos habe ihn überrascht, sagt Reto Branschi, Direktor von Davos Klosters Tourismus. Mit eine Ursache sieht er bei der verspäteten Öffnung des Betriebes wegen der Wasserschäden.

Südostschweiz
05.06.14 - 02:00 Uhr

Mit Reto Branschi sprach Reto Furter

Herr Branschi, Sie sind Tourismusdirektor von Davos Klosters Tourismus – und haben ein ziemliches Problem: Der Lack ist ab.

Reto Branschi: Der Lack ist ab? Wo?

In Davos. Der «Zauberberg», wie ihn Thomas Mann einst antraf, ist entzaubert.

Das gilt für das «Intercontinental», klar. Aber ich glaube wirklich nicht, dass deshalb der Lack von Davos ab ist. Die Davoser Hotels haben gerade wieder Preise gewonnen, wir stehen kurz vor dem nächsten Grossanlass, dem Eidgenössischen Jodlerfest.

Davos generiert derzeit fast ausschliesslich negative Propaganda.

Einzelne Objekte tun das, ja. Das ist ein Unterschied. Negative Berichte sind natürlich nie gut, das ist klar. Aber wir reden von einem einzigen Objekt, dem «Intercontinental».

Das eine Objekt ist aber jenes Objekt, das alles andere in Davos überstrahlt. Ob Sie wollen oder nicht.

Das mag zurzeit so sein, ja. Aber es ist ein Objekt, das negativ dasteht. Nicht die Destination Davos Klosters.

Die Stilli Park AG, Betreiberin des einen Objektes, des «Intercontinental», das man längst zum Stern des Davoser Himmels erkoren hat, ist konkurs. Wer ist schuld?

Ich weiss nicht, wie es so weit kommen konnte.

Im Nachhinein haben es alle kommen sehen. Sie auch?

Ich nicht, nein. Dass es alle anderen gewusst haben wollen, das erstaunt mich aber nicht. Das ist normal.

War die Teppichetage der Stilli Park AG unfähig, ein Hotel dieser Grössenordnung zu führen?

Ein Haus dieser Grösse und Qualität braucht drei Jahre Zeit, es muss sich zuerst auf dem Markt etablieren. Wichtig war aber wohl, dass man bis zum 17. Dezember nicht wusste, wann das Haus geöffnet werden sollte. Das Hotel kam so gar nie in die relevanten Verkaufskanäle.

«Ich weiss nicht, wie es so weit kommen konnte»

Man müsse mit einer mehrjährigen Durststrecke rechnen, wenn man ein Hotel dieser Dimension eröffne, sagen Sie. Das müssen die Betreiber doch auch gewusst haben.

Ich weiss es nicht. Ich kenne auch die Verträge zwischen der Stilli Park AG, dem «Intercontinental» und der Besitzerin, der Grossbank CS, nicht. Ich weiss nicht, was gerechnet wurde. Ich bin überrascht, dass der Betrieb nach einer halben Saison schon konkurs ist.

Und das nach der Hochsaison.

Der Betrieb hat Buchungen erst ab Februar überhaupt angenommen, weil der Zeitpunkt der Eröffnung unsicher war. Unter diesen Umständen reicht ihnen dann auch eine Hochsaison nicht mehr.

Also war das finanzielle Polster zu dünn.

Ich gehe davon aus, ja. Aber wie gesagt, den Businessplan kenne ich nicht.

Die Pachtzinsen für das Haus waren zu hoch, sagt die Stilli Park AG. Ist das allein ein ausreichender Grund?

Dies entzieht sich meiner Kenntnis. Der Zins dürfte davon abhängen, wie hoch man die Auslastung vorausberechnete – aber auch diese Zahl kenne ich nicht.

Da gibt es doch sicher Erfahrungswerte für Davos?

Die «Intercontinental»-Manager haben vor einem oder zwei Jahren schon einige Betriebe in Davos besucht, das weiss ich. Man wollte sich offenbar über die Benchmark informieren.

Die CS muss eine Rendite auf ihre Investition erzielen. War der Bau zu teuer? Steht da etwas in Davos, was gar nicht rentieren kann?

Ich habe gehört, dass der Bau des Hotels innerhalb des gesetzten Kostenrahmens erfolgte. Das Risiko lag bei der Bauunternehmung, welche als Generalunternehmer auftrat. Man kannte die Kosten also im Vorfeld. Ob auch die Kosten gedeckt sind, welche durch die Wasserschäden entstanden, kann ich nicht beurteilen.

Das «Intercontinental» kritisierte schon kurz nach der Eröffnung, Davos müsse auf einen Ganzjahrestourismus setzen. Sie haben diesen Forderungen damals widersprochen.

Die Idee war, dass auch alle Geschäfte und die ganze Infrastruktur in Davos während zwölf Monaten geöffnet sein sollten. Das deckt sich aber nicht mit unserer Strategie einer 10-Monate-Destination. Wir können – mit Hochs und Tiefs natürlich – zehn Monate lang Saison haben in Davos. Aber im Mai ist es wahnsinnig schwierig, jemandem Davos schmackhaft zu machen. Natürlich gibt es auch in Davos Hotels, die zwölf Monate geöffnet sind, aber die ziehen ihre eigenen Gäste an. Ein «Intercontinental», das frisch auf dem Markt ist, schafft das aber noch nicht.

Weil es zu wenige Leute nach Davos holt.

Dieser Tage ist das «Intercontinental» ausgebucht, und zwar nicht zum ersten Mal in dieser Saison, sondern schon zum fünften oder sechsten Mal. Das wird in Zukunft auch so sein. Der Kongresstourismus in Davos braucht ein solches Haus auch.

«Überrascht, dass Betrieb schon konkurs ist»

Das Haus war innert weniger Monate fünf oder sechs Mal ausgebucht – und der Betreiber geht dennoch konkurs? Rentiert ein Luxushotel nur, wenn es immer voll ist?

Die Hochsaison in Davos dauert mindestens 100 Tage. Wenn man sechs Mal die vier Tage abzählt, an denen das «Intercontinental» ausgebucht war, dann reicht das einfach nicht. Aber eben: Das Hotel hat Ende Dezember geöffnet, nahm aber erst ab Februar Buchungen an, weil der Eröffnungstermin bis zuletzt unsicher blieb. Es blieben also nur der Februar und der März.

Das «Intercontinental» hat einen neuen Betreiber, die CS hat die Weriwald AG flugs aus dem Hut gezaubert. Wie lange geben Sie dem neuen Pächter?

Ich kenne den neuen Pächter nicht, aber ich habe gehört, dass die Betreiber hinter der Gesellschaft schon vier Hotels führen. Offenbar sind das also Profis. Die werden die Situation jetzt analysieren und in drei Monaten ihre Strategie präsentieren.»

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