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«Rapperswil-Jona war nicht wirklich auf meiner Landkarte»

Seit April wohnt Kantonsrätin Karin Ilg in Rapperswil-Jona – und vertritt somit theoretisch See-Gaster im Rat. Vor dem Umzug war für die Grünliberale aus St. Gallen die Region ein weisser Fleck. Nun möchte sie hier sesshaft werden.

Südostschweiz
19.12.14 - 01:00 Uhr

Von Pascal Büsser

Rapperswil-Jona/St. Gallen. – Dass Karin Ilgs Wahlkreis-Wechsel äusserst diskret vonstatten ging, kommt nicht von ungefähr. Medien- und Öffentlichkeitsarbeit ist nicht Ilgs Ding, wie die 34-Jährige selber sagt. Während andere Kantonsräte ihre Voten im Rat per Mail verschicken und in sozialen Medien ihre Vorstösse bewerben, macht Ilg nichts dergleichen.

«Ich bin nicht auf Facebook und nutze keine soziale Medien.» Erstaunlich für eine junge Politikerin aus urbanem Milieu. Doch Ilg hatte die offensive Eigenwerbung bisher offensichtlich nicht nötig.

Als Jüngste ins Stadtparlament

19-jährig war sie 2000 als jüngstes Mitglied ins St. Galler Stadtparlament gewählt worden – auf einer Liste des Landesrings der Unabhängigen.

«Die Wahl ins Stadtparlament kam damals aus heiterem Himmel und war mit viel Proporzglück verbunden», sagt sie heute. Nach der Auflösung des LdU kam sie im Stadtparlament in die Fraktion der Grünen. Bildungs- und Umweltpolitik bildeten von Anfang an ihre Schwerpunkte.

Bald wechselte sie jedoch zu den Grünliberalen. «Auslöser war, dass die Grünen es nicht geschafft hatten, sich klar von linksextremer Gewalt zu distanzieren.» An den Grünliberalen hat der Tochter einer früheren SP-Kantonsrätin nicht zuletzt die «undogmatische» Ausrichtung gefallen, wie sie sagt. Von 2006 bis 2008 präsidierte Ilg gleichwohl die gemeinsame Fraktion von Grünen und Grünliberalen. Zweimal schaffte sie als Stadtparlamentariern die Wiederwahl.

Ähnlich unverhofft wie ins St. Galler Stadtparlament rutschte Ilg, inzwischen 29-jährig, 2010 für das St. Galler Stadtoriginal Albert Nufer in den Kantonsrat nach. Wegen interner Partei-Querelen hatte der erste Ersatzmann verzichtet. Auch hier schaffte sie 2012 die Wiederwahl. Politisierte sie vorher als einzige Grünliberale im Kantonsrat, kamen 2012 vier Parteikollegen dazu – darunter Nils Rickert aus Rapperswil-Jona.

Wollen die beiden nun in den Wahlen 2016 einen zweiten grünliberalen Sitz im Linthgebiet erobern? Ilg winkt ab. «Das wäre wohl etwas optimistisch.» Theoretisch könnte sie auch von Rapperswil-Jona aus wieder im Wahlkreis St. Gallen antreten. Gesetzlich würde nichts dagegen sprechen, wie Stephan Ziegler vom kantonalen Dienst für politische Rechte auf Anfrage erklärt.

Doch Ilg hält nichts davon. Zumal diese Konstellation der Wählerschaft wohl schwer zu vermitteln wäre. Sie hat beschlossen, sich aus dem Kantonsrat zurückzuziehen. Nach der Februarsession lässt sie die 32-jährige Stadtsanktgallerin Sonja Lüthi für sich nachrücken. «Der zusätzliche Sitz für See-Gaster ist somit leider nur von kurzer Dauer», meint Ilg.

Sie spüre nach fast 15 Jahren eine gewisse Politikmüdigkeit, begründet sie ihren Entscheid. «Es gibt die lustvollen Momente noch, aber sie sind weniger geworden.» Mit Familienplänen habe der Rücktritt keinen Zusammenhang. «Das wäre heute ja auch kein Grund mehr, zurückzutreten.»

Den Obersee für sich entdeckt

Um die Vertretung von See-Gaster im Rat macht sie sich keine Sorgen. «Die Kantonsräte aus der Region fallen im Rat durchaus auf mit ihrem Einsatz für regionale Projekte», meint Ilg. Dass das Linthgebiet aus stadtsanktgaller Sicht weit weg ist, muss sie aber gleichzeitig eingestehen. «Als St. Gallerin hatte ich Rapperswil-Jona nicht wirklich auf der Landkarte. Erst seit ich meinen jetzigen Joner Freund 2012 kennengelernt habe, weiss ich, wie schön die Region ist.»

Am Obersee kann sich Ilg vorstellen, sesshaft zu werden. Seit diesem Sommer arbeitet sie als Primarlehrerin in Wald ZH. Wird man sie dereinst im Stadtparlament in Rapperswil-Jona in Aktion sehen, das sich in Diskussion befindet? «Im Moment brauche ich eine politische Pause», meint Ilg. Aber sie verfolge die Diskussionen mit Interesse.

Sicher ist derweil: Der 17. Sitz für See-Gaster im Kantonsrat bleibt vorerst ein kurzes Intermezzo.

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