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PSA Peugeot Citroën wird zum Betrieb zweier Staaten

Nach einem neuen Chef erhält PSA Peugeot Citroën auch neue Besitzer: General Motors steigt bei dem französischen Autohersteller aus. Die Kontrolle übernehmen die chinesische Dongfeng und der französische Staat.

Südostschweiz
14.12.13 - 01:00 Uhr

Von Stefan Brändle

Paris. – Bei PSA Peugeot Citroën wird improvisiert, um nicht zu sagen gebastelt. 2012 erst hatte der zweitgrösste europäische Autobauer (nach Volkswagen, siehe Kasten) angekündigt, eine enge Kooperation mit dem amerikanischen Konzern General Motors und dessen deutscher Tochter Opel einzugehen. GM übernahm sieben Prozent des Kapitals von PSA Peugeot Citroën und wurde wichtigster Aktionär neben der Peugeot-Familie, die 25,4 Prozent der Anteile hält. Vereinbart wurden mehrere gemeinsame Projekte, mit denen die beteiligten Automarken 1,5 Milliarden Euro einsparen wollten.

Amerikaner ziehen sich zurück

Jetzt ist diese Vereinbarung bereits wieder Altpapier. Am Donnerstag kündigten PSA und GM an, dass sie auf den Bau eines gemeinsamen Kleinwagens verzichten. Auch die Entwicklung eines kleinen Benzinmotors wird damit hinfällig. Offenbar ermöglicht dieses Projekt zu wenig Synergien. Eine engere Kooperation in Südamerika und Asien ist ebenfalls nicht mehr vorgesehen. Nur ein kleines Nutzfahrzeug wollen PSA und GM zusammen entwickeln.

Und nur Stunden nach dieser Bekanntgabe wartete General Motors mit einer noch grösseren Überraschung auf: Die Amerikaner steigen bei PSA aus und verkaufen ihren siebenprozentigen Anteil an institutionelle Investoren. Ein Grund ist zweifellos chinesische Konkurrenz: PSA hatte nämlich ebenfalls am Donnerstag bestätigt, mit Chinas Nummer 2 Dongfeng Motor (siehe Kasten) «vorbereitende» Kooperationsgespräche zu führen und zu diesem Zweck eine Kapitalerhöhung einzuleiten.

Der Staat muss einsteigen

Der chinesische Staatsbetrieb, der seit 1992 in einem Joint Venture mit PSA Autos der Marken Citroën und Peugeot für den chinesischen Markt produziert, will dem Vernehmen nach bis zu 30 Prozent der PSA-Aktien übernehmen. Trotzdem werde PSA «französisch bleiben», verspricht Industrieminister Arnaud Montebourg. Dafür aber muss der französische Staat beim bisher rein privaten Konzern massiv einsteigen. Die zwei neuen Grossaktionäre wollen laut Insidern je 3,5 Milliarden Euro einschiessen. Die Familie Peugeot verlöre das Sagen.

Konzern in grosser Not

Bei PSA, einem einstigen Flaggschiff der ganzen französischen Industrie, bleibt damit kein Stein auf dem anderen. Erst vor Kurzem hatte der Konzern die gestaffelte Ablösung seines Chefs Philippe Varin durch den ehemaligen Renault-Vize Carlos Tavarez bekannt gegeben. Die Kapitalerhöhung, der Chefwechsel und der Einstieg der Chinesen gelten als letzte Chance für PSA. Der traditionsreiche französische Autohersteller ist zu stark auf Südeuropa fixiert und ist deshalb von der Absatzkrise Europas härter betroffen als seine Konkurrenten. Mehr als 8000 Stellen sollen gestrichen werden, die legendäre Fabrik in Paris-Aulnay ist geschlossen. Allein 2012 verlor PSA mehr als fünf Milliarden Euro, ein Grossteil davon durch eine Wertberichtigung. Und diese geht weiter: Wie der Konzern am Donnerstag bekannt gab, muss er weitere 1,1 Milliarden Euro zurückstellen. Als Grund werden Wechselkursverluste in Südamerika und anderswo genannt.

Was wollen die Chinesen?

Ob das ungewöhnliche Aktionärsduo aus chinesischen und französischen Funktionären Peugeot-Citroën aus dem Dreck ziehen kann, muss sich erst noch weisen. Ob das überhaupt das vorrangige Ziel der Know-how-hungrigen Chinesen ist, ebenfalls. Die gleiche Frage stellt sich beim privaten chinesischen Autobauer Geely, der 2010 Volvo von Ford übernahm.

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