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Ohne Würde wird der Mensch zum Tier

Kürzlich morgens in einem Café. Ein Mann liest die «Südostschweiz». Besonders interessiert ihn der Artikel über drei randalierende Asylbewerber, die im abgelegenen Heim Flüeli in Valzeina betrunken Schicksalsgenossen bedroht hatten, nachdem sie mutmasslich das Minimalzentrum Waldau in Landquart abfackelten.

Südostschweiz
22.07.12 - 02:00 Uhr

Von David Sieber

Für den Mann ist klar: Es wird Zeit, dass der aufrechte Schweizer sein Sturmgewehr aus dem Schrank nimmt und diesen Kriminellen eine Kugel in den Kopf jagt, weil die Behörden total versagt haben.

Solche Töne sind keine Ausnahme, sondern schon fast die Regel. Und man beginnt, sie hinzunehmen. Oder stimmt ihnen insgeheim sogar zu. Das ist gefährlich. Weil so, langsam und fast unbemerkt, der Boden bereitet wird für eine unfreie Gesellschaft. Minarett- und Ausschaffungsinitiative waren sichtbare Zeichen für eine Entwicklung, die im Unguten enden wird.

Das Problem ist nur, dass sich Zwischenfälle mit Asylsuchenden tatsächlich häufen. Dreiste Diebstähle, Schlägereien, Drogenhandel gehören schon fast zum Alltag. Die Polizei ist in der Regel machtlos, weil es kaum Sanktionsmöglichkeiten gibt, die nachhaltige Wirkung zeigen. Und weil viele Asylsuchende absolut nichts zu verlieren haben. Sie haben den Versprechungen ihres Schleppers vertraut und erleben nun statt eines Landes von Milch und Honig eine zwar golden glitzernde, aber abweisende Trutzburg.

Es nützt nichts, in dieser Situation die Schraube immer stärker anzuziehen. Diese Menschen auf Nothilfe zu setzen und in Minimalzentren zu pferchen, nimmt ihnen den letzten Rest Würde. Ohne Würde wird der Mensch zum Tier. So gesehen ist die Schweizer Asylpolitik unmenschlich. Sicher aber fördert sie eine Entwicklung, die sie zu stoppen vorgibt.

Es ist völlig klar, dass sehr viele der Asylsuchenden nicht in der Schweiz bleiben können, weil ihre Fluchtgründe nicht ausreichen. Wenn die Politik wirklich zur Beruhigung der Situation beitragen will, dann muss sie erstens die Verfahren drastisch verkürzen und zweitens den Vollzug sicherstellen. Beides bedingt Investitionen. Doch seltsamerweise bleibt es da bei jenen, die am lautesten rufen, bei Lippenbekenntnissen.

dsieber@suedostschweiz.ch

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