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«Nun sind wir mehr oder weniger im Schwitzkasten»

Kann bei der gesetzlichen Auslegung der Zweitwohnungsinitiative eine einvernehmliche Lösung gefunden werden, die allen involvierten Parteien passt? Die «Südostschweiz» hat bei Bündner Parlamentariern nachgefragt.

Südostschweiz
29.05.13 - 02:00 Uhr

Von Tatjana Jaun

Bern. – Die vom Bundesamt für Raumentwicklung ins Leben gerufene Arbeitsgruppe hat keine einfache Aufgabe gefasst. Nach dem Bundesgerichtsentscheid über die Zweitwohnungsinitiative muss sie nun die gesetzliche Umsetzung der Initiative vorbereiten. Wie ihr Gesetzesentwurf aussehen wird, ist noch unklar. Wird es Ausnahmen geben, die Zweitwohnungen auch in Gemeinden zulassen, die bereits die zulässige Quote von 20 Prozent überschritten haben? Josias Gasser, Nationalrat der Grünliberalen, sieht schwarz. «Das Volk hat die Initiative, wenn auch knapp, angenommen. Das Bundesgericht hat hängige Fälle beurteilt und juristisch entschieden. So sind die Rahmen weitgehend gesteckt, innerhalb welchen das Parlament die gesetzliche Umsetzung der Initiative an die Hand nehmen muss», sagt Gasser. Natürlich werde er sich im Parlament für eine möglichst «vernünftige, berggebietsverträgliche Umsetzung» einsetzen. «Es wäre aber blauäugig, so zu tun, als könnte das Gesetz die Auslegung des Bundesgerichts aushebeln», so Gasser.

Pragmatische Lösung muss her

Diese Hoffnung hat auch Heinz Brand, SVP-Nationalrat, nicht. Er sieht zwar Möglichkeiten, in den Bereichen der Umnutzungen und Erweiterungsbauten die Striktheit der Initiative etwas zu durchbrechen, doch dass die Vorgaben gegeben und gesetzt sind, weiss auch er. «Meine grössten Bedenken sind die wirtschaftlichen Auswirkungen auf Graubünden», sagt er. «Bei uns kann man nicht einfach ein Silicon Valley eröffnen und eine Industrie ansiedeln. Wir haben relativ beschränkte Möglichkeiten. Und nun sind wir mehr oder weniger im Schwitzkasten.» Abwanderung, Zersiedelung, Verlust von Arbeitsplätzen – Brand rechnet mit einem «Super-GAU». «Die Initiative ist ein Entwicklungshindernis für Gebirgskantone wie Graubünden, das haben noch nicht alle begriffen.» Im Gesetzesentwurf müsse darum zwingend «die Sache» und eine pragmatische Lösung im Vordergrund stehen und nicht eine «langsam ins Lächerliche gehende Diskussion über eine Erhöhung von zehn Quadratmetern».

Nicht bereit zu Kompromissen

CVP-Nationalrat Martin Candinas teilt Brands Befürchtungen. Er findet, dass das Eigentum der einheimischen Bevölkerung von Graubünden zu stark eingeschränkt wird. «Ein Einheimischer muss mit seinem Haus auch in Zukunft machen können, was er will, unabhängig, ob es sich dabei um seinen Erst- oder Zweitwohnsitz handelt», sagt er; zeigt aber auch Zuversicht: «Das Parlament wird die notwendigen Ausnahmen erkennen und in das Gesetz einbauen.» Mit einer grossen Kompromissbereitschaft vonseiten der Initianten rechnet er derweil nicht. «Die Initianten werden wohl ihrem bisherigen Verhalten nach alle im Abstimmungskampf gemachten Versprechen ignorieren und gegen das Gesetz das Referendum ergreifen.» Ärgerlich sei es, dass diese nur im Abstimmungskampf Kompromissbereitschaft zeigten und von Ausnahmen sprachen. «Provokativ kann man sagen, wenn es kein Referendum gibt, haben die Vertreter des Berggebiets im Gesetzgebungsprozess schlecht gearbeitet», so Candinas.

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