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Notfalls wollen Anwohner im Lürlibad eine Initiative starten

Im Churer Lürlibad brodelt es. Viele Anwohner wollen nicht, dass die einzige Grünanlage im Quartier dem Bau eines Ein- familienhauses zum Opfer fällt. Notfalls wollen sie dem Projekt sogar mit einem Volksbegehren zu Leibe rücken.

Südostschweiz
24.10.14 - 02:00 Uhr

Von Dario Morandi

Chur. – Normalerweise ist Markus Foi ein besonnener Mann. Spricht man ihn aber auf die Zukunft der mit Pappel, Hecken und Sitzbänken bestückten Grünfläche an der Ecke der Churer Lürlibad- Bondastrasse an, gerät der Bauführer in Rage. Was sich die Stadt Chur hier geleistet habe, sei schon ein starkes Stück, poltert er. Vor Jahren sei versprochen worden, die Stadt werde die parkähnliche Anlage erhalten und nicht überbauen. Und jetzt sei genau das Gegenteil passiert. Die Stadt habe diese Parzelle im Baurecht an einen Architekten abgegeben, der dort den Bau eines Einfamilienhauses mit Einliegerwohnung plane, erzählt er.

Nicht eingetreten auf Einsprache

Foi wohnt selber an der Bondastrasse und tritt als Sprecher jener 150 Anwohner auf, die gegen das Projekt Einsprache erhoben haben. Zuvor hatte sich auch der Quartierverein mit einer Protestnote an den Stadtrat gewandt. Vergeblich. Die Stadt hat die Baubewilligung für die 590 Quadratmeter grosse Parzelle erteilt und ist auf die Einsprache nicht eingetreten. Aber die Anwohner wollen auf keinen Fall klein beigeben. «Wir werden zunächst ans Bündner Verwaltungsgericht und danach allenfalls ans Bundesgericht gelangen», stellt Foi in Aussicht. Und sollte der Gang nach Lausanne scheitern, wollen die Gegner gemäss Fois Worten sogar eine Volksinitiative starten, um eine Umzonung der Parzelle herbeizuführen.

Nach Ansicht der Quartierbewohner steht der Verkauf der Parkanlage nicht im Einklang mit dem im Stadtentwicklungskonzept verankerten Grundsatz, wonach in den Quartieren ausreichend Grünflächen zur Verfügung gestellt werden müssen. «Die Bebauung dieser letzten öffentlichen Grünfläche im Quartier widerspricht diesen Grundsätzen in hohem Masse», heisst es im Brief einer Anwohnerin an Stadtpräsident Urs Marti. In einem anderen Schreiben werden Bedenken hinsichtlich der Sicherheit formuliert. Nicht ohne Grund: Wie ein Augenschein vor Ort zeigt, hat der Stadtbus bereits heute Mühe, mit dem engen Kurvenradius und den Sichtverhältnissen auf der Kreuzung Lürlibad- Bondastrasse klarzukommen.

Die Situation werde sich nach der Realisierung des Einfamilienhauses verschlechtern, glaubt Foi. Denn um die Parzelle überhaupt überbauen zu können, musste die Stadt die Baulinie um 3,5 Meter in Richtung Bondastrasse verschieben, was nach Ansicht der Anwohner durch den Bau einer bis zu vier Meter hohen Stützmauer zu einer weiteren Sichtbehinderung führt. Foi redet bezüglich Baulinie Klartext: «Die Stadt kann zu ihren Gunsten einfach eine Baulinie verschieben. Versuchen Sie mal als privater Grundstückseigner, das selbe zu tun.»

Im Rathaus versuchte man mit einer Aussprache die Wogen zu glätten. Aber ohne Erfolg. Die Fronten blieben und bleiben verhärtet. «Wir haben immer wieder das Gespräch gesucht», bestätigt Stadtpräsident Marti, für den eines aber klar ist. «Bei diesem Einfamilienhaus handelt es sich um ein rechtskonformes Bauvorhaben», stellt er klar. Das Grundstück sei Bauland, das bisher von der Stadt nicht verwertet worden sei. Und nun wolle man dies eben tun. Die Stadt fördere zwar Bau und Erhalt von Grünflächen. Die besagte Parkanlage gehöre jedoch definitiv nicht zum städtischen Grünflächeninventar.

Urs Marti weist Vorwurf zurück

Marti wehrt sich weiter gegen den Vorwurf, die Stadt biege Baulinien allein zu ihrem Vorteil und nach eigenem Gutdünken zurecht. «Baulinienverschiebungen gibt es immer wieder», sagt er. Er weiss von sieben solcher Gesuche, die in jüngster Zeit auch auf Privatgrundstücken bewilligt worden sind. Im Fall der Bondastrasse sei dies aufgrund eines bodenrechtlichen Kompromisses mit einem Nachbarn erfolgt. Auch was die angebliche Sichtbehinderung angeht, winkt Marti ab. Die Sicht reiche nach dem Bau der Mauer aus, glaubt er und beruft sich dabei auf ein Expertengutachten und die Einschätzung durch die Fachleute der Stadtpolizei.

Bauvorhaben ist rechtskonform

Die Bauherrschaft sieht es ähnlich. Die Mauer werde den Blickwinkel auf der Strasse nicht weiter einschränken, versichert Vincenzo Cangemi, der als Architekt sein Haus auf der umstrittenen Parzelle der Bondastrasse gleich selber plant. Und die heftige Opposition im Quartier – stört ihn diese nicht? Cangemi nimmt es gelassen: Sein Projekt sei gesetzeskonform. «Alle Bauvorschriften wurden eingehalten», sagt er. Cangemi ist sich allerdings bewusst, dass es mit dem Baubeginn angesichts der in Aussicht gestellten rechtlichen Auseinandersetzungen wohl noch etwas dauern dürfte.

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