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Mit Aktivkohle gegen kleinste Verunreinigungen im Abwasser

Die Hochschule für Technik Rapperswil (HSR) ist vor allem für ihre Ingenieursausbildung bekannt. Die wird nicht zuletzt wegen der Forschungsinstitute an der HSR immer besser. Die «Südostschweiz» stellt jeden Montag ein Institut vor.

Südostschweiz
11.02.13 - 01:00 Uhr

Von Willi Meissner

Rapperswil-Jona. – Bevor gebrauchtes Wasser wieder sauber in die Natur entlassen wird, haben Abwasserreinigungsanlagen (ARA) einiges zu tun. Denn das Abwasser kommt als braune Brühe voll mit schädlichen Stoffen aus der Kanalisation in der ARA an.

Deshalb erscheint es auf den ersten Blick seltsam, absichtlich auch noch eine schwarze Brühe in die braune zu kippen. Genau das macht aber die Hochschule für Technik Rapperswil (HSR) derzeit in der Kläranlage Flos in Wetzikon ZH in einer Testanlage.

Kleinste Mengen, grosse Wirkung

Die schwarze Brühe im Zürcher Abwasser ist ein Forschungsprojekt der Fachgruppe Wasser und Abwassertechnik am HSR-Institut für Umwelt- und Verfahrenstechnik (UMTEC). Es sind kleine Partikel aus Aktivkohle, die in einer Wasserlösung dem Abwasser zugegeben werden.

Sie eliminieren spezielle Schadstoffe im Abwasser, die sogenannten Mikroverunreinigungen. Das sind Stoffe, die zum Beispiel durch Medikamente, Pflanzenschutzmittel oder Hormonpräparate wie die Anti-Baby-Pille ins Abwasser gelangen. Sie können bereits in kleinsten Mengen Schäden an Lebewesen in Gewässern anrichten.

Bisher fliessen Mikroverunreinigungen beinahe ungehindert wieder zurück in den Wasserkreislauf. Deshalb plant das Bundesamt für Umwelt, die Anforderungen an Kläranlagen zu erhöhen und beteiligt sich – zusammen mit der Stadt Wetzikon und dem zürcherischen kantonalen Amt für Abfall, Wasser, Energie und Luft – an diesem Projekt.

Die problematischen Stoffe sollen aus dem Abwasser verschwinden. Und das möglichst günstig.

«Günstig und schnell umrüsten»

Mikroverunreinigungen können mit den bisher erprobten Methoden nämlich nur in einem separaten Becken entfernt werden. Mit Aktivkohle oder Ozongas. So ein Becken kostet je nach Grösse schnell Millionen Franken pro ARA.

Das UMTEC will das zusammen mit den Projektpartnern Holinger AG, Ensola und aQa.engineering ändern. «Wenn das Projekt ein Erfolg wird, lassen sich Kläranlagen günstig und schnell gegen Mikroverunreinigungen aufrüsten», erklärt UMTEC-Institutsleiter Jean-Marc Stoll. Denn die Aktivkohlelösung soll direkt in das sogenannte Biologiebecken fliessen, das bereits in jeder ARA vorhanden ist. Nur die Betriebskosten würden etwas steigen. «Die ersten Versuche sind sehr vielversprechend», sagt Stoll.

Ebenso vielversprechend ist ein weiteres Projekt am UMTEC. Im Auftrag des Verteidigungsdepartements wird derzeit ein Verfahren entwickelt, wie das Blei im Sickerwasser von Schiessplätzen an Ort und Stelle unschädlich gemacht werden kann.

Edelmetalle aus Abfall gewinnen

Die 23 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter am UMTEC forschen aber auch in anderen Bereichen als Wasser und Abwasser. Zum Beispiel an der Rückgewinnung von Rohstoffen aus Abfall.

Jetzt schon werden Eisen, Aluminium und Kupfer aus der Asche von Kehrichtverbrennungsanlagen zurückgewonnen. Insgesamt rund 80 000 Tonnen pro Jahr allein in der Schweiz.

In der Asche warten aber auch noch wertvollere Rohstoffe. In der Fachgruppe Rohstoffe und Verfahrenstechnik forscht Gruppenleiter Rainer Bunge derzeit zusammen mit der KVA Linth in Niederurnen und anderen Industriepartnern an Verfahren, die Edelmetalle wie Gold oder seltene Erden wieder aus dem Abfall zurückholen sollen.

Seltene Erden sind für moderne Elektrogeräte unabdingbare Rohstoffe. «Bei den steigenden Rohstoffpreisen wird die Rückgewinnung langfristig immer lukrativer», sagt Bunge.

Die zwei übrigen Fachgruppen des UMTEC forschen in den Bereichen Abfall/Ressourceneffizienz und Geruch.

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