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Mindestkurs bleibt bestehen

Geld Die Nationalbank bleibt im Krisenmodus. Der Euro wird weiter an den Franken gebunden. Die Gefahr beim Immobilienmarkt sieht man ebenfalls nicht gebannt.

Südostschweiz
26.04.14 - 02:00 Uhr

«Bei Zinsen nahe null sowie einem hoch bewerteten Franken bleibt der Mindestkurs unser zentrales geldpolitisches Instrument.»

Thomas Jordan,?SNB-Präsident

Balz Bruppacher

balz.bruppacher@luzernerzeitung.ch

Doppelte Premiere an der 106. Generalversammlung (GV) der Schweizerischen Nationalbank (SNB): Zum einen mussten die Währungshüter den Aktionären erklären, warum sie für das abgelaufene Geschäftsjahr erstmals keine Dividende erhalten. Zum anderen machte die Nationalbank einen weiteren Schritt bei ihren Transparenzbemühungen: Zum ersten Mal wurde die GV im Berner Casino auf der Website der Nationalbank live übertragen.

Bund und Kantone hatten sich schon Anfang Jahr damit abgefunden, dass sie erstmals seit zwei Jahrzehnten kein Geld von der Nationalbank erhalten. Fast ohne Murren schluckten gestern auch die SNB-Kleinaktionäre den ersten Dividendenverzicht überhaupt. Die GV genehmigte den Finanzbericht mit 97 ?Prozent Ja-Stimmen. Bankratspräsident Jean Studer hatte zuvor bedauert, dass die aussergewöhnlichen Umstände – allein auf den Goldreserven resultierte ein Verlust von über 15 Milliarden Franken – keine Dividendenzahlung zuliessen. Auf Prognosen für das laufende Jahr will sich die Nationalbank nicht einlassen. Der ehemalige Neuenburger Finanzdirektor Studer appellierte aber an die Kantone, Gewinnausschüttungen der Nationalbank nicht als gegeben zu betrachten.

Mindestkurs hält ohne Intervention

Seit nunmehr anderthalb Jahren muss die Nationalbank nicht mehr auf dem Devisenmarkt intervenieren, um den Mindestkurs für den Euro von 1.20 Franken durchzusetzen. Gleichzeitig hat sich die Konjunktur erholt, und die Nationalbank rechnet auch für das laufende Jahr mit einem Wirtschaftswachstum von rund 2 Prozent. Nicht zuletzt dank der Entschärfung der europäischen Finanz- und Schuldenkrise. Damit unterscheidet sich die aktuelle Situation wesentlich von der Lage im September 2011, als die Nationalbank den Mindestkurs eingeführt hatte.

Jordan sieht Gefahr nicht gebannt

Dennoch macht die Nationalbank keinerlei Anstalten, aus der Mindestkurspolitik auszusteigen. Thomas Jordan legte in seiner Präsidialansprache den Akzent vielmehr auf die Risiken, die auch sieben Jahre nach dem Ausbruch der Finanzkrise bestünden. Beträchtliche Abwärtsrisiken für die Weltwirtschaft macht die Nationalbank vor allem in der europäischen Schuldenkrise aus. Hinzu kämen politische Spannungen in verschiedenen Regionen der Welt sowie Strukturprobleme in wichtigen Schwellenländern. «Die Gefahr ist also nicht gebannt, dass der Franken als sicherer Hafen plötzlich unter weiteren Aufwertungsdruck kommt», sagte Jordan, und weiter: «Bei Zinsen nahe null sowie einem hoch bewerteten Franken bleibt der Mindestkurs das zentrale geldpolitische Instrument für die Nationalbank.» Die Situation sei immer noch angespannt, sagte Jordan einem Aktionär, der sich erkundigt hatte, warum die Nationalbank letztes Jahr nicht begonnen habe, den rekordhohen Devisenberg von 443 Milliarden Franken etwas abzutragen.

Hypothekarmarkt: Moderatere Töne

Keine Entwarnung mochte Jordan zudem zur Lage auf dem Hypothekar- und Immobilienmarkt geben. Die Dynamik bei den Immobilienpreisen habe sich im ersten Quartal dieses Jahres nicht weiter abgeschwächt. Allerdings fielen die Mahnungen an Banken und Kreditnehmer etwas weniger deutlich aus als auch schon. So behielt sich der SNB-Präsident eine abschliessende Einschätzung der jüngsten Entwicklung ausdrücklich vor. Und im Zusammenhang mit dem sogenannten antizyklischen Kapitalpuffer, der die Banken vorübergehend zu höheren Eigenmitteln im Geschäft mit Wohnhypotheken verpflichtet, erinnerte Jordan daran, dass je nach Situation eine Anpassung nach oben oder nach unten möglich sei. Gleichzeitig bekräftigte der SNB-Präsident aber die hohen Risiken bei der Tragbarkeit der Hypothekarkredite und verwies auf die Vorbereitung zusätzlicher behördlicher Massnahmen. Er spielte damit auf die gescheiterten Gespräche mit der Bankiervereinigung über strengere Standesregeln der Banken an.

An die Stelle des zurücktretenden Gerold Bührer wählten die Aktionäre den neuen Economiesuisse-Präsidenten Heinz Karrer in den elfköpfigen SNB-Bankrat. Karrer setzt damit die Tradition fort, dass der Wirtschaftsdachverband mit seinem Präsidenten im Aufsichtsgremium der Nationalbank sitzt.

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