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Merkels Eiertanz mit Hollande

François Hollande ist noch nicht am Boden, aber auf bestem Weg dazu. Frankreichs sozialistischer Präsident ist durch den Aufstand von Linksabweichlern in seiner Partei geschwächter denn je.

Südostschweiz
27.08.14 - 02:00 Uhr

Von Stefan Brändle, Paris

François Hollande ist noch nicht am Boden, aber auf bestem Weg dazu. Frankreichs sozialistischer Präsident ist durch den Aufstand von Linksabweichlern in seiner Partei geschwächter denn je. Aus Berlin muss sogar Kanzlerin An-gela Merkel ihrem französischen «ami» zu Hilfe eilen und ihm «Erfolg bei der französischen Reform-agenda» wünschen. Natürlich hat die konservative Deutsche nicht plötzlich ein Herz für einen Not leidenden Sozi entdeckt; sie will vielmehr, dass dieser jene Strukturreformen anpackt, die Frankreich seit Jahren aufschiebt. Dafür ist sie sogar gewillt, die Grande Nation zu schonen und zuzulassen, dass sie ihr Haushaltsdefizit bis 2015 über der 3-Prozent-Grenze beschliessen wird. Das genügt Hollande aber nicht; er will den Spardruck noch stärker lockern, um Wachstum zu schaffen. Sein vermutlich neuer Superminister für Finanzen, Arbeit und Wirtschaft, Michel Sapin, zimmert in Brüssel mithilfe Italiens bereits eine Allianz gegen die deutsch beeinflusste «Austeritätspolitik».

Von der Achse Berlin–Paris könnten sich die Gewichte in der neu geleiteten Eurogruppe deshalb bald zu einer Achse Paris–Rom verlagern. Merkel muss sich also genaustens überlegen, wie weit sie ihrem französischen Freund helfen will – und wie weit sie Druck auf ihn machen soll. Viel hängt davon ab: Ohne die richtige politische Dosierung findet der Euroraum nicht aus der Wirtschaftsflaute. Und Frankreich kein Mittel gegen das Schreckgespenst des rechtsextremen Front National (FN). Im Fall einer Wirtschaftsrezession in Frankreich könnte FN-Chefin Marine Le Pen 2017 durchaus ins Elysée einziehen. Darunter würde ganz Europa leiden.

zentralredaktion@suedostschweiz.ch

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