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Martin Fürst, Mozartkugel

Sein Ururgrossvater Paul Fürst hat sie erfunden: die einzig wahre Mozartkugel, die es nur in Salzburg zu kaufen gibt. Für Martin Fürst gab es nie einen anderen Weg, als dieses Erbe zu bewahren und weiterzuführen.

Südostschweiz
20.03.11 - 01:00 Uhr

Von Rachel Van der Elst

Sie ist der Verkaufsschlager jedes Souvenirladens, der Mitbringsel-Rettungsanker am Flughafen: die Mozartkugel. In rot-goldenes Zellophan verpackt, mit dem Antlitz jenes Mannes drauf, dem zu Ehren die Kugel erfunden wurde – Wolfgang Amadeus Mozart. Das Schokopraline wird in alle Welt versandt, und kaum einer weiss, dass die Anfänge blau-silber statt rot-gold waren.

Der Mann, der es weiss, ist Martin Fürst von der gleichnamigen Konditorei in Salzburg. Sein Ururgrossvater hat die Kugel 1890 zu Ehren von Mozarts 100. Geburtstag kreiert und dann vergessen, das Patent anzumelden.Was Martin Fürst gar nicht so schlimm findet: «So konnte die Mozartkugel überhaupt berühmt werden, und davon profitieren letztendlich auch wir.» Kürzlich wurde Paul Fürst zu einem der grossen Verlierer des Jahrhunderts gewählt. Doch Martin Fürst sieht das pragmatischer: «Es hat uns niemand verboten, das Patent nicht anzumelden.»

Die «fürstliche» Mozartkugel ist eine exklusive; es gibt sie nur in vier Läden in Salzburg zu kaufen. Man kann sie auch übers Internet bestellen, allerdings nur von Oktober bis Mai. «Sonst würde sie schmelzen», sagt Martin Fürst. Damit kommt die Konditorei Fürst auf mehrere hundert Sendungen im Jahr. Die Kugeln werden alle von Hand gemacht und sind im Gegensatz zu den industriell hergestellten Kugeln auch nicht so lange haltbar. «Wir machen sie just in time, sie sind zum sofortigen Verzehr bestimmt.» Die Kugeln sind etwa acht Wochen haltbar.

«Qualität hat sich verbessert»

2,5 Millionen Pralinés werden jedes Jahr hergestellt, das sind 48 000 in der Woche und 7000 am Tag. Alle von Hand. Das geht so: Zuerst wird eine Pistazienkugel geformt und mit einer Nougat-Creme umhüllt. Anschliessend wird sie in eine dunkle Kuvertüre getunkt und mit einem Holzstäbchen auf ein Brett gesteckt, damit sie schön trocknen kann. Wenn sie trocken ist, wird das Loch, das durch das Holzstäbchen entstanden ist, mit einer Spritztüte geschlossen. Die Kuvertüre ist dabei so erwärmt, dass sie nicht tropfen kann. «Wir mischen die Schokoladen-Kuvertüre immer wieder mit kalter Schokolade. So ergibt sich die Konsistenz für die Kugeln», erklärt Martin Fürst. Es sind immer noch die gleichen Zutaten wie anno dazumal, erklärt Fürst, «nur die Qualität hat sich verbessert».

Der 34-Jährige ist der einzige Sohn seiner Eltern, und auch wenn er zuerst ein Studium in Touristik machte, war für ihn immer klar: Eines Tages gehört der Laden mir. «Das ist eine wunderschöne Tradition, und es erfüllt mich mit Stolz, ein Teil dieser Familie zu sein», sagt der Ururenkel des Erfinders. Mittlerweile ist auch seine Frau, eine Geologin, im Geschäft tätig. Zusammen haben sie eine kleine Tochter. Ob sie die Mozartkugel-Dynastie weiterführen wird, steht noch in den Sternen. Drängen will Martin Fürst seine Tochter, wenn sie denn so weit ist, auf keinen Fall.

Weitere Spezialitäten

Die Mozartkugel ist nicht alles, was die Konditorei Fürst an den Mann und die Frau bringt. Das Sortiment hat sich laufend erweitert. So gibt es neben den Mozartkugeln auch Bach-würfel, einen Wolf-Dietrich-Block und, ganz neu, einen Fürst-Trüffel. Mit Letzterem wurde die Eröffnung der Filiale an der Getreidegasse 47 gefeiert – «eine Spezialität aus Mokatrüffel, Vanilletrüffel mit 70 Prozent Kakaoanteil und Nougat», wie der Meister selbst berichtet. In der Konditorei gibt es alles, was das süsse Herz begehrt, der «Fürst» lebt von Stammkunden, Neugierigen und Touristen. «Es gibt Leute hier, die kannten mich schon als Baby», sagt Martin Fürst. Jetzt ist er mit ihnen gross geworden.

Eine Mozartkugel kostet einen Euro. «Leider mussten wir den Preis letztes Jahr von 90 Cent auf einen Euro erhöhen», sagt der Konditor. Und wie viel davon isst er selbst am Tag? «Das zähle ich nicht. Ich würde sagen, alle zwei Tage etwa sieben bis zehn Stück.» Seine Konditorei ist berühmt, und er mag es, das zu erzählen. Ungefähr zehn TV-Stationen berichten jährlich über ihn.

Mozartkugeln in der Schweiz

Insgesamt gibt es zehn Nachahmerprodukte der Mozartkugel, nur die der Konditorei Fürst darf sie aber «echte Mozartkugel» nennen. Im Schweizer Handel ist die Mozartkugel im Reber-Betrieb und bei Hersteller Mirabell erhältlich. Mirabell, die zu Kraft Foods gehört, stellt nach eigenen Angaben 90 Millionen Mozartkugeln im Jahr her und exportiert in über 30 Länder. Das Unternehmen ist das einzige, das ein komplett rundes Praliné verkaufen darf – alle anderen müssen sie leicht abflachen. Geschmacklich unterscheiden sich die Mirabell-Kugeln nur unwesentlich von den fürstschen Kugeln, einzig das Marzipan im Innern ist grün und nicht weiss.

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