×

Licht-Schatten-Spiel in vieler Hinsicht

Nach 38 Wettkampfstunden hatte noch keiner der 123 über die 201 km messende Königsdistanz Gestarteten das Ziel des Swiss Irontrails erreicht. Auf dem Weg von Pontresina nach Davos erlebten die Läufer Lichtblicke – und Schattenmomente.

Südostschweiz
11.08.13 - 02:00 Uhr

Bei Redaktionsschluss dieser Ausgabe war beim Swiss Irontrail noch kein K201-Starter im Ziel angekommen

Von Anita Fuchs

Wo Licht ist, ist auch Schatten.» Oliver Schoiber aus dem deutschen Witten stützte sich auf seinen Stöcken ab und bewunderte die imposante Bergwelt, welche die vor rund einer Stunde aufgegangene Sonne in ein ganz besonderes Licht rückte und an diesem frühen Samstagmorgen auf dem Pass digls Orgels (2699 m ü. M.) für ein spektakuläres Licht-Schatten-Spiel sorgte. Der zehn Kilometer lange Aufstieg von Filisur auf den fünfthöchsten Punkt des Swiss Irontrails hatte ihn und die anderen im Rennen gebliebenen Gestarteten des T201 (+11 150 m/–11 400 m), der am Freitag um 7.55 Uhr in Pontresina begonnen hatte, sowie die Teilnehmenden des gleichentags um 20 Uhr in Samedan gestarteten T141 (+7650 m/ –7800 m) gehörig gefordert.

Der Blick, der sich auf dem Pass digls Orgels mit seinen spitzigen, schmalen und teils durchlöcherten sowie an Pfeifen einer Kirchenorgel erinnernden Dolomitendarmen eröffnete, bescherte manchen T201-Läufern einen Lichtblick. 108 der total 201 Kilometer waren zurückgelegt und das Verlassen des hochalpinen Geländes – mit Ausnahme des Weisshorns (2653 m ü. M.) – nahe. Noch essentieller: Den schwierigen Wetterbedingungen mit teils starkem Regen, Wind, Nebel und Temperaturen bis maximal zehn Grad, welche die ohnehin anforderungsreiche Aufgabe zusätzlich erschwerten, setzte Petrus definitiv ein Ende. Das Licht verdrängte den Schatten.

Gegensätzlich präsentierte sich die Situation bei Michael Büchi. Noch in Bergün hatte der junge Sportler aus Pontresina unangefochten die Spitzenposition inne. Den Vorsprung von nahezu einer halben Stunde zu jenem Zeitpunkt baute er in der Folge weiter aus. Auf dem Pass digls Orgels, der als Schlüsselstelle des Swiss Irontrails gilt, suchte ihn dann aber eigenen Aussagen zufolge ein heftiger Schüttelfrost heim, die Folge war ein abrupter Leistungsabbruch. Während des Abstiegs erlitt er zusätzlich eine Zerrung im Meniskus und entschied sich, das Rennen aufzugeben. «Die Gesundheit geht vor», begründete der 23-Jährige seinen Entschluss. Der Schatten verdrängte das Licht.

Vorzeitig zu Ende war der von grossen Zeitabständen geprägte Swiss Irontrail auch für den ebenfalls hervorragend im Rennen gelegenen und taktisch geschickt gelaufenen Stefan Sigron aus Domat/Ems. In Savognin, nach 119 Kilometern, hatte Sigron die sechste Position inne. Kurz darauf machte jedoch der routinierte Läufermit dem in Sportlerkreisen berühmt-berüchtigten «Hammermann» Bekanntschaft. Für die vergleichsweise einfachen sieben Kilometer von Tiefencastel nach Zorten benötigte Sigron nach persönlicher Zeitnehmung etwa zwei Stunden. Zudem hatte Sigron, nachdem er während fast fünf Stunden nichts zu essen vermochte, wie Büchi Schüttelfrost. Die zweite Parallele zum mehrstündigen Leader: Auch Sigron gab das Rennen auf – und verdrängte der Schatten das Licht.

Umgekehrt dürfte es all jenen 32 Läuferinnen und Läufern – 91 hatten das Rennen gestern Abend um 22 Uhr bereits aufgegeben – ergangen sein, die sich für eine Teilnahme am T201 entschlossen hatten und während der vergangenen Nacht zwischen Zorten (Kilometer 147) und Davos unterwegs waren. Denn wie heisst es doch so schön: Die Hoffnung stirbt zuletzt. Spätestens in der Morgendämmerung, sprich nach der zweiten Wettkampfnacht, werden sie möglicherweise aber wieder mit der bitteren Realität konfrontiert. Denn: Wo Licht ist, ist auch Schatten.

Kommentieren
Wir bitten um euer Verständnis, dass der Zugang zu den Kommentaren unseren Abonnenten vorbehalten ist. Registriere dich und erhalte Zugriff auf mehr Artikel oder erhalte unlimitierter Zugang zu allen Inhalten, indem du dich für eines unserer digitalen Abos entscheidest.
Mehr zu MEHR