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Kontakt zu «Phobos» macht Hoffnung

Der Traum vom Flug zum Mars ist ausgeträumt. Die Mission der russischen Marssonde «Phobos-Grunt» ist gescheitert. Ein Funkkontakt könnte aber immerhin verhindern, dass «Phobos» in den nächsten Wochen abstürzt.

Südostschweiz
24.11.11 - 01:00 Uhr

Von Axel Eichholz

Moskau. – Einer Beobachtungsstation im weltumspannenden Netz der Europäischen Raumfahrtbehörde ESA ist buchstäblich auf den letzten Drücker gelungen, Funkkontakt mit der russischen Marssonde «Phobos-Grunt» herzustellen. Die russische Raumfahrtbehörde Roskosmos, der die im All verirrte 13,5 Tonnen schwere und umgerechnet rund 150 Millionen Franken teure interplanetare Station gehört, hatte am Dienstag deren Verlust offiziell zugegeben. In der Nacht auf gestern sollte ein letzter Versuch, die Marssonde «anzurufen», unternommen werden. Der erste Funkkontakt zeige, dass die Raumsonde «lebt», sagte gestern der Chef der Moskauer ESA-Vertretung, René Pichel. «Phobos-Grunt» habe bei dem Anruf «den Hörer abgenommen», aber noch nichts «gesagt» und keine Messwerte übermittelt. Man stehe erst am Anfang.

«Phobos-Grunt» war nach 15 Jahren die erste russische Mars-Mission. Sie sollte zum gleichnamigen Marsmond fliegen, dort Gesteinsproben entnehmen und zur Erde zurückkehren. Die Sonde war am 9. November erfolgreich in eine Erdumlaufbahn gestartet, aus der sie ihre fast drei Jahre lange Reise zum Roten Planeten und zurück antreten sollte. Sie tat es aber nicht, sondern blieb im Basisorbit 200 bis 300 Kilometer über der Erde hängen. Als die wahrscheinlichste Pannenursache dafür gilt ein Programmierfehler. Neben Roskosmos nehmen die ESA und die US-Raumfahrtbehörde Nasa an der Rettungsaktion teil. Der Funkkontakt gibt nun eine vage Hoffnung, die Raumsonde wiederzubeleben.

Nur weg von der Erde

Die Marssonde wird «Phobos» nicht mehr erreichen, weil sich das «astronomische Fenster» am Montag wieder geschlossen hat. Die Zeit, da die Lage der Himmelskörper es erlaubte, den Mars auf dem kürzesten Wege zu erreichen, ist also bereits wieder abgelaufen. Im günstigsten Fall will das russische Flugleitzentrum im moskaunahen Koroljow versuchen, den Orbit der Marssonde anzuheben, um sie «für beliebige andere wissenschaftliche Zwecke» zu nutzen. Es gilt theoretisch sogar als möglich, sie zum Mond umzupolen. Im Klartext heisst es aber «bloss weg von der Erde», damit das Monstrum «nicht jemand auf den Kopf fällt», so ein Roskosmos-Sprecher.

Absturz am Samstag?

Die zentrale Führungsstelle für die Luftverteidigung und Frühwarnung der amerikanischen und kanadischen Luftstreitkräfte Norad hatte den «Phobos»-Absturz für kommenden Samstag vorausgesagt. Roskosmos sprach von einem längeren Zeitraum «zwischen Dezember und Februar nächsten Jahres». Wann genau die Bescherung aus dem Himmel komme, werde man erst einen Tag vorher sagen können. Man geht davon aus, dass rund 7,5 Tonnen Treibstoff in Aluminiumtanks beim Eintreten in die Erdatmosphäre explodieren und die Sonde in kleine Stücke zerreissen werden.

Die Wahrscheinlichkeit, dass sie die Erdoberfläche erreichen, sei gleich null, erklärte Roskosmos-Chef Wladimir Popowkin. Ein nicht genannter Experte räumte dagegen ein, dass dies doch passieren könne, falls die Treibstoffexplosion ausbleibt. In jedem Fall werde die Landekapsel ganz herunterkommen, heisst es. Die Wahrscheinlichkeit, dass sie unten wirklich jemand treffe, sei aber «gleich null». Dies bedeute nie «hunderprozentig».

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