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Kleine Schafherden decken Wölfen den Tisch

Vergangene Woche sind ob Kunkels mindestens drei Schafe von zwei Wölfen gerissen worden. Dies, obwohl Schutzhunde die Herde bewacht haben. Deswegen bestehe aber kein Grund zur Panik, so die Wildhut.

Südostschweiz
24.07.12 - 02:00 Uhr

Von Sabine-Claudia Nold

«Es ist richtig, dass in den letzten Wochen nachweislich sechs Schafe von Wölfen gerissen wurden», bestätigt Wildhüter Claudio Spadin auf Anfrage. Anhand des für Wölfe typischen Kehlbisses sowie aufgrund der DNA-Analyse erhalte die Wildhut und der Bauer jeweils Gewissheit, wer das Schaf zu Tode gebracht habe.

Dank der DNA-Analyse ist auch klar, dass es zwei Wölfe sind, die sich im Calanda-Gebiet befinden. Das Geschlecht der Tiere konnte nicht festgestellt werden. «Wir haben die Tiere Calanda-Wölfe genannt», so der Wildhüter.

Wenig Schafe auf grosser Fläche

Die zwei Wölfe stellten keinerlei Gefahr für Menschen dar, macht Spadin deutlich. Das Gebiet um den Calanda sei wildreich, doch die Schafe seien für die Wölfe quasi gefundenes Fressen. Dies aus zweierlei Gründen: Im Vergleich zu früher seien die Schafherden für die grossen Weideflächen eher klein. «Da die Schafe viel Platz haben, verstreuen sie sich auf der gesamten Weidefläche. Das bietet mehr Angriffsfläche für den Wolf.» Auch wenn die Schafe von Herdenschutzhunden bewacht würden, sei es den Hunden unmöglich, überall gleichzeitig zu sein. Zweitens sei es bei kleinen Herden unrentabel, einen Hirten einzustellen, der die Tiere in einer grossen Gruppe zusammenhalten würde. «Die Herdenschutzhunde am Calanda haben aber ihre Arbeit gut gemacht», weiss der Wildhüter: «Ein Schaf mussten die Wölfe laufen lassen.»

Es braucht mehr Erfahrung

Marco Camastral und Walli Mayer aus Chur lassen ihre rund 250 Muttertiere und die Lämmer seit zehn Jahren von Maremmen-Abruzzen-Schäferhunden bewachen. «Als wir Giro und Mira, die ersten Herdenschutzhunde, zu uns geholt haben, war der Wolf noch kein Thema», erinnert sich Mayer. «Damals hatten Hunde von Passanten unsere Schafe verstümmelt und bei lebendigem Leibe angefressen.» Das habe mit den Herdenschutzhunden schlagartig aufgehört. Doch die Calanda-Wölfe konnten vor einigen Wochen trotzdem drei Schafe reissen – obwohl die Schutzhunde Jimmy und Leica die Herde bewacht haben.

Mayer und Camastral stimmen mit Spadin überein, dass die Gründe in der Grösse der Herde und der Weidefläche zu suchen seien: Auf rund 18 Hektaren Land zerstreuten sich die Schafe. «Die zwei Hunde patroullieren zwar aufmerksam, doch wenn der Wolf einfällt und sich Jimmy und Leica auf der entgegengesetzten Seite befinden, haben sie keine Chance, schnell genug am Ort des Geschehens zu sein.» Da sich Jimmy und Leica nicht mehr mit den älteren, schwächeren Hunden Giro und Mira vertrügen, sei es keine Option, alle vier Schutzhunde mit der Herde auf die Weide zu lassen, erklärt Mayer.

Trotzdem sagt Camastral: «Ich bin nicht prinzipiell gegen den Wolf. Wir brauchen einfach noch mehr Erfahrung mit diesen Tieren.»

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