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Junger Mann mit langer politischer Vergangenheit

Mit Freude und Respekt zugleich blickt der neue Bündner CVP-Nationalrat Martin Candinas seiner Zukunft im Bundeshaus entgegen. Dort wird er einer der Jüngsten sein. Doch das ist nichts Neues für ihn.

Südostschweiz
28.10.11 - 02:00 Uhr

Von Denise Alig

Val Müstair. – «Die Arbeit ruft brutal.» Nach dem erfolgreichen Wahlsonntag hat sich Martin Candinas mit seiner Frau Eliane Candinas-Somaini und Sohn Laurin in der Val Müstair erholt. Nun aber, da er mit der «Südostschweiz» telefoniert, macht sich Familie Candinas schon wieder auf den Heimweg. Auf den anstrengenden Wahlkampf, der zahlreiche 18-Stunden-Tage beinhaltete, folgt der ebenso strapaziöse Countdown für Bern.

«Porta Alpina war ein Riesen-Coup»

Mit 31 Jahren ist Martin Candinas einer der Jüngsten im Bundesparlament überhaupt. In der CVP-Fraktion ist er der Allerjüngste. Sein jugendliches Alter ist es auch, das bereits die nationalen Medien auf den Plan gerufen hat. So wurde der junge Mann aus Rabius vom Schweizer Fernsehen am Montagabend ins Studio geladen und die «Schweizer Familie» wird nächstens über ihn berichten.

Seine Jugendlichkeit gab schon in früheren Jahren immer wieder Anlass zu Schlagzeilen. Candinas trat mit 18 Jahren in die Junge CVP ein, mit 21 Jahren wurde er Präsident der Jungen CVP Surselva. Ein Amt, das er sieben Jahre lang engagiert ausübte. Der Jungpartei gelang es, innert Kürze eine Reihe spektakulärer Projekte zu lancieren. Candinas erinnert sich gerne an diese Zeit. «Wir waren ein tatkräftige Truppe mit einem super Zusammengehörigkeitgefühl.» Nur so sei es möglich gewesen, so grosse und schweizweit heiss diskutierte Vorhaben wie die Porta Alpina anzupacken. Auch der Nachtbus in die Surselva und die Aktion «Cumpra Surselva» hätten der jungen Bewegung viel Schwung verliehen.

2006 wurde Candinas – als jüngstes Mitglied des 120-köpfigen Gremiums – in den Grossen Rat gewählt. Seit dem letzten Jahr präsidiert er die grossrätliche Kommission für Gesundheit und Soziales. Weiter ist Candinas Vorstandmitglied der Regiun Surselva, verantwortlich für die Bereiche Gesundheit, Soziales, Kultur und Sport. Seine soziale Ader manifestiert sich auch in der Mitarbeit bei der Caritas Graubünden, der Alzheimer-Vereinigung Graubünden und der Pro Infirmis Graubünden, wo er überall im Vorstand sitzt. Candinas ist aber auch ein Kulturbeflissener: Er präsidiert die Opera viva Obersaxen und ist im Vorstand des internationalen Kulturforums Disentis.

«In der Politik weiss man nie»

Seit neun Jahren arbeitet der Sozialversicherungsfachmann mit eidgenössischem Fachausweis bei der Helsana Versicherungen AG. Dort ist er bis zum Leiter Verkaufskoordination der Generalagentur Chur mit acht Mitarbeitern aufgestiegen. «Unser Auftrag war, Versicherungen zu verkaufen und dafür zu sorgen, dass möglichst wenige Kunden abspringen, also ein Bestandeswachstum zu erzielen», sagt er. «Daran bin ich gemessen worden, egal, wie viel Zeit ich daneben für die Politik aufwendete.» Sein Arbeitgeber will den frisch gewählten Nationalrat behalten, er will bleiben. Er werde bei der Helsana in Zukunft ein 50-Prozent-Pensum bekleiden. Die genaue Funktion müsse noch besprochen werden. «Ich will im Beruf verankert bleiben, denn in der Politik weiss man nie.»

14 330 Stimmen hat er am Sonntag gemacht. Candinas freut sich auf Bern. «Sehr sogar.» Er habe aber auch Respekt vor seinem neuen Amt. «Ich habe eine enorme Unterstützung erfahren, gerade deshalb trage ich eine grosse Verantwortung.» Die Erwartungshaltung sei gross, sagt er, der sich im Bundeshaus besonders «für die Familie, erneuerbare Energien und die Berggebiete» einsetzen will. Er will alles geben und doch realistisch bleiben. Im Bundeshaus sei er «einer von 200», betont er. «Es wird also nicht so sein, dass der Candinas in Bern durchsetzen kann, dass die Bundesverwaltung nach Graubünden geholt wird.» Auf dem Boden bleiben, heisst die Devise. «Ich bin mir auch nicht zu schade, Unterstützung zu holen.» Sei es von Nationalrat Sep Cathomas. Sei es von CVP-Präsident Christophe Darbellay und Fraktionschef Urs Schwaller. «Mit den beiden bin ich seit Jahren per Du.» Bei aller Nähe zur CVP – «sie ist meine Heimat» – will er sich nicht immer der Parteiräson unterwerfen. «Ich habe meine eigene Meinung, und die will ich auch vertreten.» Dass er in keinem Verwaltungsrat sitze, erleichtere ihm ein unabhängiges Politisieren zusätzlich.

Die Familie kommt mit

Am Anfang werden Frau und Sohn ihn wohl zwischendurch begleiten. Während er also in Bern Politik macht, wird die Familie ganz in der Nähe sein. «Meine Frau ist eine Solothurnerin, sodass wir bei ihren Eltern wohnen können», erzählt er. So könnten sie wenigstens den Abend gemeinsam verbringen. «Die Praxis wird zeigen, ob unser Wunschmodell funktioniert», so Candinas im Wissen, dass die Arbeit auch künftig immer wieder ins Privatleben hineinragen wird.

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