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Ivo Andelic: «Ich war psychisch total am Ende»

Vor zwei Wochen hat Ivo Andelic am Heim-Meeting in Bad Ragaz seine erfolgreiche Rückkehr in den Boxring gefeiert. Eine Selbstverständlichkeit ist dies nicht. «Ich dachte an Rücktritt», gesteht er.

Südostschweiz
06.06.13 - 02:00 Uhr

Von Johannes Kaufmann

Irgendwie scheint Ivo Andelic das Pech magisch anzuziehen. Exakt am Tag nach der herbeigesehnten Rückkehr in den Boxring, die der in Trimmis wohnhafte Schwergewichtler am Samstag, 25. Mai, in seiner boxerischen Heimat Bad Ragaz mit einem Punktsieg über den Ungarn Sandor Balogh erfolgreich hinter sich gebracht hatte, musste er ins Spital eingeliefert werden. Nicht zum ersten Mal machte Andelic ein Nierenstein zu schafften. «Das tut höllisch weh», sagt er ruhig und gefasst. Drei Tage und einen operativen Eingriff später durfte er das Spital schmerzfrei wieder verlassen. Er stellt klar, dass sein Leiden definitiv nichts mit dem Comeback-Kampf zu tun hat. Den absolvierte er zufriedenstellend, auch wenn ein Schönheitsfehler nach sechs absolvierten Runden blieb. Einer der drei Punktrichter sah ein Unentschieden, die beiden anderen votierten für Andelic. «Ich denke mal, das Urteil geht in Ordnung», sinniert Andelic, «ich konnte den von meinen Trainern zurechtgelegten Plan im Ring umsetzen.» Es war im neunten Profikampf der siebte Sieg (ein Unentschieden, eine Niederlage).

In der Garderobe bereit

Andelics Schaffenspause im Boxring dauerte fast auf den Tag genau zwei Jahre. Geplant war sie freilich nicht. Zweimal fiel ein angesetzter Kampf kurzfristig aus. Zu schaffen machte ihm weniger die Absage wegen einer Verletzung des Gegners beim ersten Mal, dafür umso mehr das Aus als Rahmenkämpfer beim WM-Schwergewichtkampf von Wladimir Klitschko (Sieg über Tony Thomspon) im vergangenen Juli in Bern. «Ich hatte meine Handschuhe angezogen und war in der Garderobe kampfbereit», sagt Andelic. Doch zum Auftritt vor 25 000 Zuschauer im Stade de Suisse kam es nicht. Das Duell gegen den Berner Ergun Mersin wäre bloss ins Programm gerückt worden, wenn der TV-Zeitplan dies zugelassen hätte. Andelic blieb bloss der Frust über die entgangene Chance. «Ich werde wohl nie mehr die Gelegenheit erhalten, vor einer grossen Zuschauermenge in einem Fussballstadion zu kämpfen», sagt der im Sicherheitsdienst tätige Boxer. Im Eimer war eine abermalige zweimonatige Vorbereitungsphase. Andelic wurde zum Spielball des von den TV-Anstalten diktierten Business. Zwar habe er gewusst, worauf er sich einliess. Er sagt aber auch: «Mir wurde zugesichert, dass der Kampf stattfindet. Erst später wurden die Pläne geändert.»

Das Berner Fiasko hinterliess

mehr als nur Schrammen im Boxerherz des «sanften Riesen», der trotz seiner hünenhaften Gestalt und fast 120 Kilogramm Körpergewicht nicht zum Lautsprecher taugt. Er erwähnt gravierende Probleme nach dem geplatzten grossen Auftritt. «Ich war psychisch am Ende und stellte mir die Sinnfrage», gesteht Andelic. Noch an Weihnachten deuteten die Zeichen auf einen leisen Abschied vom Ring hin. Schliesslich waren es vor allem Trainer und Manager Dino Caputo sowie Bruder und Trainer Andreas Andelic, die den Familienvater zum Weitermachen bewegten. Als grosses Ziel wurde die Rückkehr am Heim-Meeting in Bad Ragaz deklariert. Das Etappenziel wurde ereicht. Und nun will Andelic, der seine Boxlaufbahn mit 13 Jahren unter dem Fittichen des legendären Max Renggli beim Boxclub Chur startete, mit 30 Jahren durchstarten. Er sagt: «Ich trainiere sogleich weiter und hoffe in diesem Jahr auf weitere Kämpfe.»

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