×

Hotel «Scuol Palace» wird amerikanisch

Das «Scuol Palace» ist an eine amerikanische Investorengruppe verkauft worden. Das Haus soll nun saniert und als Hotel betrieben werden. Das Nach- sehen hat die Stiftung Nairs, die ein Kulturhotel gründen wollte. Ihr fehlte jedoch das Geld.

Südostschweiz
21.11.13 - 01:00 Uhr

Von Stefan Bisculm

Scuol. – Wer genau hinter der Scuol Palace Hotel LLC steckt, ist nicht bekannt. Gesichert ist nur: Es handelt sich dabei um eine amerikanische Investorengruppe mit Sitz im US-Steuerparadies Delaware. Die Scuol Palace Hotel LLC ist die neue Besitzerin des traditionsreichen Hotels «Scuol Palace»; dies teilte die vormalige Besitzerin, die einfache Gesellschaft Clemgia Tarasp, gestern mit.

Über den genauen Kaufpreis wurde Stillschweigen vereinbart. Gemäss Markus Testa, Vertreter der Clemgia Tarasp, liegt der Preis aber unter 2,35 Millionen Franken. Zu diesem Betrag hatte Testa im August das Hotel ersteigert. «Ich musste beim Preis Haare lassen, weil der Zustand des Hotels sehr gelitten hat», sagte Testa gestern auf Anfrage. Dafür sei das Geld für den Hotelkauf bereits geflossen. Dies muss speziell erwähnt werden, weil der Verkauf des Hotels an diesem Punkt bereits einmal gescheitert ist. Der Usbeke Azim Utamuradov hatte im April einen Kaufvertrag über sieben Millionen Franken unterschrieben, dieses Geld jedoch nie überwiesen.

Jüdische Gäste kamen nicht

Das Hotel «Scuol Palace» stand die letzten drei Jahre leer und wurde nicht genutzt. Zuvor hatte die Friedmann GmbH das Haus während rund sechs Jahren als koscheres Hotel für eine jüdisch-orthodoxe Kundschaft geführt. Der Erfolg dieses Nischenangebots blieb aber aus, und als nichts mehr ging, schuldete die Friedmann GmbH der einfachen Gesellschaft Clemgia Tarasp genau jene 2,35 Millionen Franken, für die das Hotel im August ersteigert wurde.

Die aktuelle Besitzerin des Hotels, die Scuol Palace Hotel LLC, wird vom Oberengadiner Notar und Rechtsanwalt Guido E. Lazzarini vertreten. Lazzarini sagte, dass die Amerikaner beabsichtigten, das Haus im nächsten Jahr zu renovieren und als klassisches Hotel zu führen. Ob das Hotel weiterhin als 4-Sterne-Hotel betrieben wird, konnte Lazzarini nicht sagen. Unbekannt ist auch, wie viel Geld in die Renovation des Hotels fliessen soll. Branchenkenner sagen, dass in jedem Fall «sehr viel Geld» dafür nötig sein werde.

Beim Gemeindepräsidenten von Scuol, Jon Domenic Parolini, wurde der unbekannte amerikanische Investor bereits vor dem Kauf vorstellig. «Er hat sich darüber informiert, was am Standort des Hotels rechtlich möglich ist», sagte Parolini. Das Hotel liegt in einer Zone für Kultur und Hotellerie. Trotzdem ist es denkbar, dass das Hotel in Zweitwohnungen umgenutzt werden könnte. Die geltende Verordnung zur Zweitwohnungsinitiative besagt nämlich, dass ein Hotel, das mindestens 25 Jahre in Betrieb war und nicht mehr rentabel geführt werden kann, als Ganzes als Zweitwohnungsbau umgenutzt werden darf. «Sofern die Gemeinde Hand bietet, wäre eine Umnutzung bei diesem Objekt wohl nicht allzu schwierig», sagte Parolini. Auf die Frage, ob er es bedaure, dass keine lokale Käuferschaft für das Hotel gefunden werden konnte, meinte er: «Wir können bei diesem Standort nicht wählerisch sein.»

Stiftung Nairs hat das Nachsehen

Mindestens einen lokalen Interessenten gab es für das Hotel «Scuol Palace»: die Stiftung Nairs, die im angrenzenden Badehaus ein Zentrum für Gegenwartskunst betreibt und im «Scuol Palace» die Vision eines «Global Village for the Arts» realisieren wollte. «Wenn das Hotel tatsächlich saniert und später auch betrieben wird, sind wir halb glücklich über den Verkauf», sagte Zentrumsleiter Christof Rösch. Er könnte sich in diesem Fall sogar eine Partnerschaft mit dem neuen Besitzer vorstellen.

Der Stiftung Nairs wurde das Haus von Testa für 1,6 Millionen Franken angeboten. «Zusätzlich hätte ich ihr noch 380 000 Franken als Mäzen geschenkt», sagte Testa. Gemäss Rösch war die Stiftung dabei, das Geld für den Kauf des Hotels aufzutreiben. «Doch die Zeit dafür war zu knapp, in einem Jahr oder so wären wir sicher so weit gewesen.» So lange wollte Testa aber nicht warten. «Die Idee eines Kulturhotels stiess bei uns auf grosse Sympathien. Damit das traditionsreiche Haus aber nicht noch mehr Schaden nimmt, musste der Verkauf zügig vorangetrieben werden.»

Kommentieren
Wir bitten um euer Verständnis, dass der Zugang zu den Kommentaren unseren Abonnenten vorbehalten ist. Registriere dich und erhalte Zugriff auf mehr Artikel oder erhalte unlimitierter Zugang zu allen Inhalten, indem du dich für eines unserer digitalen Abos entscheidest.
Mehr zu MEHR