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«Holästei braucht runden Tisch – bevor es zu spät ist»

Die Sauerei im Holästei hat Folgen: Die Kantonspolizei verspricht mehr Präsenz. In die Pflicht genommen werden aber alle Player auf dem Areal. Sie sollen die Spielregeln am runden Tisch klären, fordert Sozialpsychologe Felix Hof.

Südostschweiz
02.05.12 - 02:00 Uhr

Von Brigitte Tiefenauer

Glarus. – Bei der Kantonspolizei rückt der Holästei zurzeit nach oben auf der Prioritätenliste. Wegen den Missständen in der Ennendaner Allmeind und auf dem Areal um die Gipserhütte werde die Kantonspolizei dort vermehrt Patrouillen durchführen, verspricht Kommandant Markus Denzler. Beim Holästei handle es sich um einen Dauerbrenner, wo Jugendliche Party machten. «Ein gesellschaftliches Problem und bekanntlich auch in Glarus nicht das erste solche Szenario.»

Die Kantonspolizei rücke überdies aus, wenn Anwohner sie alarmierten, weil sich jemand ihrer Ansicht nach nicht an die Rechtsordnung halte, erinnert Denzler. Bei Nachtruhestörung oder Vandalismus zum Beispiel. Wichtig sei ihm aber auch, dass nicht nur die Polizei, sondern auch andere Beteiligte rund um den Holästei Präsenz markierten.

Mediation, bevor die Lage eskaliert

Mit Polizei allein sei es nicht getan, sagt auch Felix Hof. Für den Sozialpsychologen und Leiter des regionalen Beratungszentrums in Rapperswil-Jona ist die Situation beim Holästei das typische Abbild einer veränderten Zeit. «Die Jugendlichen», sagt er, «erobern sich den öffentlichen Raum heute anders als noch vor zehn oder 20 Jahren.»

Grenzüberschreitend und respektlos nennt er es, «wenn sie öffentliche und private Plätze besetzen und alle erdenklichen Spuren hinterlassen.» Viele Jugendliche seien zwar gut unterwegs, betont er, andere würden indes keine Verbindlichkeiten kennen. Weil ihnen in den modernen Familien die Wertevermittlung fehle. Auswüchse in diesem Mass seien relativ neu und nicht zu unterschätzen.

«Die Situation könnte eskalieren und schlimmstenfalls unwiderruflichen Personen- oder Sachschaden verursachen», mahnt er und schlägt als dringliche Massnahme eine Mediation vor. «Mieten Sie eine Turnhalle, laden Sie alle Akteure ein und jassen Sie am runden Tisch die Spielregeln aus, damit die Partylokale eine Zukunft haben.»

Hof warnt vor übereilten Polizeieinsätzen. «Eine Polarisierung in eine gute und eine schlechte Welt ist wenig konstruktiv.» Ein rigoroses Einschreiten der Polizei und Sanktionen würde Hof erst lancieren, wenn die Media- tion scheitert oder die Situation eskaliert. Hilfreich sei indes eine sporadische Routinekontrolle durch eine Regionalpatrouille. «Das schafft Respekt; Jugendliche wünschen bekanntlich Autorität.»

Verantwortlich ist die Gesellschaft

Für Hof ist das Szenario in Glarus und Ennenda «ein Fall für viel Geschick der Betreiber und der Gemeinde, welche die Clubs bewilligt. Sie, und mit ihnen die gesamte Gesellschaft inklusive der fehlbaren Jugendlichen sieht er verantwortlich dafür, was im Holästei abgeht.

Damit spricht der Psychologe dem Sekretär des Departements für Sicherheit und Justiz, Arpad Baranyi, aus dem Herzen. Baranyi anerkennt die Verantwortung des Kantons. Aber auch die Gemeinde müsse die Auswirkungen mitbedenken, wenn sie die Bewilligungen erteile, sagt er. Ebenso müssten die Betreiber alles daran setzen, ihre Klientel im Griff zu haben. Und: «Lokale mit Öffnungszeiten bis in die frühen Morgenstunden sind heikel. Nicht umsonst gibt es für gewisse Gewerbe gar keine Bewilligung.»

Glarus. – Zumindest auf Kantonsebene und aus der Sicht des Psychologen sind die Umstände klar und die Vorsätze gefasst:

• Die Führung junger Erwachsener, die sich nicht zu benehmen wissen, ist im Team zu lösen.

• Alle Betroffenen müssen zusammen analysieren, was passiert ist, und diskutieren, wie es nun weitergehen soll.

• Anwohner und Gewerbler haben die Möglichkeit, ein Rechtbot einzuholen, um damit ihr Privatareal fremden Nutzern für Partys oder als Parkplatz zu verbieten.

• Sporadische Routinekontrollen durch eine Regionalpatrouille oder durch den Securitasdienst der Gemeinde schrecken ab und schaffen Respekt. (bt)

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