×

Heimfall-Frage: Regierung will den «Bündner Weg» gehen

Graubünden soll von der Rückgabe der Kraftwerksanlagen an die Konzessionsgemeinden finanziell profitieren können. Bei den sogenannten Heimfällen will die Bündner Regierung aber weiter partnerschaftliche Lösungen anstreben.

Südostschweiz
21.06.12 - 02:00 Uhr

Von Dario Morandi

Chur. – Eine Bündner «Alpen-Opec» wird es nach 2030 nicht geben, wenn viele Wasserrechtskonzessionen in Graubünden nach 60 bis 80 Jahren auslaufen: Die Regierung bevorzugt beim Heimfall von Kraftwerksanlagen an die Konzessionsgemeinden weiterhin partnerschaftliche Lösungen. Und zwar zwischen dem Kanton, den Gemeinden und den Gesellschaften, die heute Wasserkraftwerke in Graubünden betreiben. Dies habe sich bisher bewährt, sagte Regierungsrat Mario Cavigelli gestern in Chur bei der Präsentation des Berichts über die künftige Strompolitik zuhanden des Grossen Rates und bezeichnete diese Heimfall-Strategie als den «Bündner Weg».

Andere Kantone um sich scharen

Cavigelli stellte bei dieser Gelegenheit aber auch klar, dass sich Graubünden bei der Umsetzung der Kraftwerks-Heimfälle nicht vom Bund bevormunden oder gar enteignen lässt. «Wir werden uns mit aller Kraft dagegen wehren», sagte der Bündner Energiedirektor. Nicht zuletzt mit Blick auf einen parlamentarischen Vorstoss auf nationaler Ebene, der den Bundesrat auffordert, die Rechte der Kantone bei Heimfällen einzuschränken. An der bestehenden Regelung dürfe nicht gerüttelt werden, «weil gesetzliche Versprechungen und Verträge eingehalten werden müssen». Um dies durchzusetzen, will Graubünden laut Cavigelli notfalls andere Wasserkraft-Kantone um sich scharen.

Dass Graubünden durch die Heimfälle künftig mehr an den fetten Gewinnen der grossen, von den Mittellandkantonen beherrschten Kraftwerksunternehmen partizipieren will, verhehlte Cavigelli nicht. Dies soll aber nicht durch eine Übernahme der Kraftwerksanlagen erfolgen. Denn Kanton und Gemeinden wollen sich nicht den unternehmerischen Risiken aussetzen. Die Regierung favorisiert deshalb eine höhere Beteiligung an den Gesellschaften durch die Gemeinden und den Kanton. Gemäss Cavigelli wäre das in der Grössenordung von etwa 41 Prozent. Er betonte weiter, dass im innerkantonalen Energiesektor kein Alleingang zur Diskussion steht. Cavigelli: «Es wird kein Diktat des Kantons geben.»

Die Steuern im Kanton bezahlen

Doch allein mit den Mehrerträgen aus höheren Kraftwerks-Beteiligungen ist es für die Regierung nicht getan: Sie will bis 2020 ferner dafür sorgen, dass die Gewinne der Gesellschaft nicht mehr im Unterland, sondern in Graubünden versteuert werden.

Kanton will Beteiligungen halten

Zudem soll der Handel und der Vertrieb von elektrischer Energie vermehrt in Graubünden erfolgen. Die Beteiligung des Kantons von 46 Prozent am Stromkonzern Repower wird deshalb gehalten, gleichzeitig werden die Strukturen der kantonseigenen Stromvermarktungsfirma Grischelectra AG auf das veränderte Umfeld im Energiesektor angepasst. Der Bericht sieht zudem vor, die Versorgungsnetze im Kanton zu bündeln und günstigen Strom für energieintensive Unternehmen, wie die Rhätische Bahn, bereitzustellen.

Grosses hat die Regierung auch im Bereich Produktion vor: Gemäss ihrem Bericht soll diese bis 2035 um zehn Prozent oder um 860 Gigawattstunden erhöht werden. Bewerkstelligen will man das mit dem Neubau von Kraftwerken, dem Ausbau und der Erneuerung von bestehenden Anlagen sowie der Nutzung von anderen erneuerbaren Energien. Dabei steht der Bereich Wasserkraft aber weiterhin im Vordergrund.

«Dafür werden wir den gesetzlichen Handlungsspielraum voll ausnützen, die Verfahren vereinfachen und beschleunigten», stellte Cavigelli in Aussicht. Kein Thema ist in diesem Zusammenhang jedoch der Bau eines Kraftwerks, mit dem man die Gewässer des Vorderrheins in der Rheinschlucht nutzen könnte. «Dafür bestehen keinerlei Planungen», sagte Cavigelli.

Kommentieren
Wir bitten um euer Verständnis, dass der Zugang zu den Kommentaren unseren Abonnenten vorbehalten ist. Registriere dich und erhalte Zugriff auf mehr Artikel oder erhalte unlimitierter Zugang zu allen Inhalten, indem du dich für eines unserer digitalen Abos entscheidest.
Mehr zu MEHR