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Harter Konter gegen SVP

Der «Sturm aufs Stöckli», zu dem die SVP im Ständerats-Wahlkampf blies, ist abgeschmettert. Jetzt formieren sich in vielen Kantonen breite Fronten zum Gegenangriff auf die angeschlagene Blocher-Partei

Südostschweiz
26.10.11 - 02:00 Uhr

Von Niklaus Ramseyer

Bern. – Zu später Stunde nahmen führende Leute der siegreichen BDP am Sonntag im Fernsehstudio Leutschenbach kein Blatt vor den Mund: «Da werden natürlich keine offiziellen Parolen gegen die SVP-Kandidaten ausgegeben», stellten sie im Hinblick auf die zweiten Wahlgänge um die noch verbleibenden Ständeratsmandate im November fest. «Doch in vielen Kantonen gilt inoffiziell jetzt schon die Losung: SVP verhindern!» Bei der BDP und anderen bürgerlichen Mitte-Parteien habe die Wahlschlappe der reichen und mächtigen SVP eine Dynamik ausgelöst, die zu einer «Jetzt- erst-recht-Haltung» führe. Und zum Gegenangriff auf die zersprengte Blocher-Truppe.

In Bern muss Amstutz zittern

Am 20. November wird SVP-Mann Adrian Amstutz wohl eher schlechte Karten haben. Viele BDP-Leute würden auf der zweiten Linie unter ihrem klar favorisierten Bisherigen Werner Luginbühl nicht Amstutz auf den Wahlzettel schreiben, sondern den Namen des SP-Nationalrats Hans Stöckli aus Biel. Stöckli sei ein durchaus bürgerlicher SP-Mann vom rechten Flügel der Partei – und damit für die Berner BDP bestens geeignet, dem hemdsärmligen Berner Oberländer Amstutz endlich eins auszuwischen. Auch Freisinnige dürften sich dazu verleiten lassen.

Und Stöckli kalkuliert geschickt mit diesem Anti-Amstutz-Effekt: Er hat schon im ersten Wahlgang massiv Inserate geschaltet, in denen ihm «Berner Unternehmer» ihre Unterstützung zusichern. Damit kontert er jene Wirtschaftsverbände, die für den zweiten Wahlgang zur «ungeteilten bürgerlichen Berner Stimme» für Amstutz und Luginbühl aufrufen. Gut möglich also, dass die neue Berner Vertretung Luginbühl/ Stöckli heisst.

SVP im Aargau chancenlos

Im Aargau ist die SVP erst recht in der Defensive. Pascale Bruderer von der SP schaffte es da bereits im ersten Wahlgang in den Ständerat. Ihre Wählerinnen werden in der zweiten Runde fast geschlossen die prominente FDP-Frau Christine Egerszegi wählen. Gegen sie kämpft der SVP-Nationalrat Ueli Giezendanner – auf weitgehend verlorenem Posten.

Blocher endet wohl im Nationalrat

Auch der SVP-Chefideologe Christoph Blocher ist nicht gut aufgestellt. In Zürich hat er im ersten Wahlgang für den Stände- und den Nationalrat parallel kandidiert und sein ganzes Gewicht als prominentester Politiker der Schweiz in einen millionenteu-ren Wahl-Grosskampf geworfen. Umsonst: Seine Partei verlor massiv an Wählerschaft und einen Zürcher Sitz im Nationalrat. Jetzt droht Blocher im zweiten Umgang für den Ständerat eine weitere Schlappe. Dann muss er als 71–jähriger arg abgestrafter alter Mann am 5. Dezember wieder in Bern in den Nationalrat sitzen.

Brunner als Ausnahme in St. Gallen

Dass die Chancen für SVP-Präsident Toni Brunner in St. Gallen eher gut stehen, erscheint als eher schwacher Trost für all diese SVP-Versager. Brunner wird seinen Ständeratssitz auch nur dem taktischen Unvermögen seiner Gegnerschaft verdanken: Statt sich auf eine chancenreiche Kandidatur zu einigen, treten die SP und die CVP in St. Gallen getrennt gegen den SVP-Chef an. Das zersplittert ihre Stimmkraft. Brunner ist der lachende Dritte. Er wird als letzter Überlebender einer fast aufgeriebenen SVP-Sturmtruppe ins Stöckli einziehen.

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