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Grossbanken hoffen auf Milde

Verhandlungen Die Banken Credit Suisse und BNP ­Paribas haben die US-Behörden um Nachsicht im Steuerstreit gebeten – bisher ohne Erfolg.

Südostschweiz
13.05.14 - 02:00 Uhr

Das Pokerspiel zwischen dem Justizministerium und den europäischen Grossbanken Credit Suisse und BNP Paribas um eine allfällige Anklageerhebung geht weiter. Unter dem sensationsheischenden Titel «Zwei gigantische Banken flehen Behörden an, Milde walten zu lassen» berichtete die «New York Times» in ihrer gestrigen Zeitungsausgabe in aller Ausführlichkeit über die Bittgesuche der Institute.

CS-Bitte offenbar abgeschlagen

Auffallend an dem Beitrag war erstens, wie genau die Autoren über interne Vorgänge des Justizministeriums in Washington Bescheid wissen. So berichtet die «Times», dass die Strafankläger abneigend auf den Vorschlag der Credit Suisse reagiert hätten, die kürzlich gegründete Tochtergesellschaft CS International Advisors AG – eine Art «Bad Bank» für das Geschäft mit amerikanischen Steuerzahlern – unter Anklage zu stellen. Und zweitens räumt der Artikel der Verteidigungsstrategie der BNP Paribas weit mehr Raum ein. Während von einem Krisentreffen der französischen Bankenmanager mit hochrangigen Vertretern des Justizministeriums die Rede ist, schweigt sich die «Times» über ähnliche Ouvertüren von CS-Konzernchef Brady Dougan aus.

Dies lässt zwei Schlussfolgerungen zu: Die Ermittlungen gegen die Credit ­Suisse wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung sind tatsächlich mehr oder weniger abgeschlossen, und die Anklageschrift wird im Verlauf der nächsten Tage publiziert, wie es in der Schweiz übers Wochenende bereits hiess. Oder die Amerikaner sehen im angeblichen Fehlverhalten der BNP Paribas – wiederholte Verstösse gegen das Sanktionsregime, das gegen Iran und Sudan verhängt wurde – einen schlimmeren Verstoss gegen die US-Gesetzgebung. Sie wollen deshalb an den Franzosen ein Exempel statuieren und füttern Medien mit Informationen. Tatsache ist, dass das Justizministerium in Washington mit einer Anklageerhebung gegen eine ausländische Grossbank Neuland betritt. Letztmals versuchten die Chefermittler des Department of Justice in den späten Achtzigerjahren, eine einflussreiche Finanzinstitution vor Gericht zu zerren. Die amerikanische Investmentbank Drexel Burnham Lambert kam der Anklageerhebung allerdings (um wenige Stunden) zuvor, schloss mit dem damaligen Staatsanwalt Rudy Giuliani – dem späteren Stadtpräsidenten von New York City – einen Vergleich ab und bezahlte eine Busse von 650 Millionen Dollar.

Konkurs nach Vergleich

Obwohl die Bank im Vergleich die ihr zur Last gelegten Delikte weder abstritt noch anerkannte (Fachbegriff: «nolo contendere»), brach das Finanzhaus – das seinem Aushängeschild Michael Milken im Jahr 1987 ein Gehalt von 550 Millionen Dollar bezahlt hatte – in der Folge zusammen. 1990 musste Drexel Burnham Lambert Konkurs anmelden; mehr als 5000 Angestellte verloren ihre Stelle. Und «Junk Bond King» Milken wanderte für 22 Monate ins Gefängnis.

Renzo Ruf, Washington

wirtschaft@luzernerzeitung.ch

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