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Graubündens Olympische Spiele ohne Zürich-Kloten?

Olympische Spiele sind grenzüberschreitend. Tausende kommen mit dem Flugzeug – ohne den Flughafen Kloten geht nichts. Was die Zürcher und Süddeutschen davon halten, scheint die Bündner Promotoren dennoch nicht zu kümmern.

Südostschweiz
31.10.14 - 01:00 Uhr

Von Jürg Martin Gabriel*

Egal ob mit oder ohne Gigantismus, Olympische Winterspiele ziehen Abertausende an. Die Schweizer benützen Schiene oder Strasse, doch die grosse Masse reist mit dem Flugzeug an. Samedan genügt dafür nicht. Ein Grossflughafen ist nötig. Das war so in Turin, Vancouver und Sotschi. Alle drei Standorte haben keinen Schnee, aber sie besitzen die nötige internationale Infrastruktur.

Der Ansturm ist gewaltig. Die Sportler kommen mit unzähligen Betreuern und Begleitern. Die nationalen und internationalen Verbände schicken ihre Offiziellen. Regierungen entsenden Sportminister samt Entourage. Eine Armee von Medienleuten marschiert auf. Und schliesslich reisen Fans und Zuschauer aus der halben Welt an. Die meisten kommen heute mit dem Flugzeug.

Kloten am Limit

Der Flughafen Kloten stösst schon heute an gewisse Grenzen. Zu Beginn der Ferien und an Feiertagen ist er ausgelastet, und die Lärmbelastung wird zum Problem. So zumindest sieht es die betroffene Bevölkerung in der Schweiz und im süddeutschen Raum. Man ist gegen ein Mehr an Lärm, auch wenn es nur für einige Wochen ist.

Seit Jahren sucht Bern dafür mit der deutschen Regierung eine Lösung. Bis jetzt sind alle Versuche gescheitert. Weder das Zürcher Oberland, noch die Goldküste oder die Stadt wollen ein Mehr an Flugverkehr. Zwar planen die Flughafenbetreiber einen Ausbau der Pisten, doch dagegen sträuben sich Anwohner und Lokalpolitiker.

Politiker unter Druck

Die Lage der SVP ist besonders ungemütlich. Ihre Vertreter sitzen in Gemeindebehörden im Zürcher Unter- und Oberland. Sie sind aber auch im Regierungsrat. Bereits die frühere Regierungsrätin Rita Furrer hat sich an dieser Frage die Zähne ausgebissen. Heute trifft es Volkswirtschaftsdirektor Ernst Stocker und Baudirektor Markus Kägi, beide SVP. Ob sie sich angesichts ihrer Wählerschaft für Olympische Spiele in Graubünden erwärmen, ist höchst fraglich.

All das ignorieren die Bündner Promotoren geflissentlich. Ihre Sicht ist lokal, beschränkt sich auf die Förderung von Wirtschaft und Tourismus. Die Nabelschau ist nicht neu. Die Kandidatur Sion 2006 litt unter ähnlichen Problemen. Und ging ans schneefreie Turin.

Schnee alleine genügt nicht

Die Sicht des IOC ist breiter. Schnee und vorhandene Einrichtungen sind zwar wichtig, doch das alleine genügt nicht. Selbst wenn man sich für etwas bescheidenere Spiele entscheiden sollte, spielt das Verkehrsproblem eine wichtige Rolle. Und es wird nicht kleiner. Angesichts der weltweit steigenden Mobilität dürfte die Belastung 2026 noch grösser werden. Um Zürich und um Kloten kommen die Bündner nicht herum.

* Der Bündner Jürg Martin Gabriel forschte und lehrte 13 Jahre an der Universität St. Gallen und zehn Jahre an der ETH Zürich. Seit 2011 betreibt der emeritierte Professor für internationale Beziehungen die Website www.blue-borders.ch, auf der er die Migration im Mittelmeerraum dokumentiert.

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