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Gewiefter Pontifex

Auf den ersten Blick sieht es aus wie eine Niederlage für Franziskus: Den Konservativen ist es an der Familiensynode gelungen, ein klares Bekenntnis zu einer Öffnung gegenüber wiederverheirateten Geschiedenen und Homose-xuellen zu verhindern.

Südostschweiz
20.10.14 - 02:00 Uhr

Von Dominik Straub

Der eigentliche Aufbruch erfolgte nicht beim Inhalt, sondern bezüglich des Stils, den Franziskus in Rom eingeführt hat. «Roma locuta, causa finita» hatte es bisher geheissen: «Rom (also der Papst) hat gesprochen, damit ist die Sache erledigt.» Diese Zeiten sind vorbei: Der Pontifex aus Argentinien lädt die Bischöfe zum Gespräch, hört zu, sucht den Dialog. Der Römer Zentralismus ist Vergangenheit.

Doch Franziskus befindet sich auch inhaltlich, bei der Reform seiner Kirche, auf Kurs. Auch wenn die erforderliche Zweidrittelmehrheit nicht zustande kam – die einfache Mehrheit der Bischöfe hat Franziskus bereits bekehrt. Der gewiefte Stratege geht in Etappen vor: Jetzt hat er einen Samen in die Erde gelegt, dessen Früchte er in einem Jahr bei der ordentlichen Synode ernten will.

Franziskus will eine Kirche, die nicht «aus einem gläsernen Schloss auf die Menschen blickt, um über sie zu urteilen oder sie zu klassifizieren». Er weiss, dass er noch viele Widerstände überwinden muss, aber er kennt auch seine enormen Befugnisse. Auf seinem Weg lässt sich Franziskus beraten, aber nicht beirren. Der Papst, sagte er gestern an die Adresse der Bischöfe, müsse nach dem Willen Christi Diener der Kirche sein – aber zugleich sei er auch «oberster Hirte und Lehrer aller Gläubigen». Notfalls gälte wohl eben doch: «Roma locuta, causa finita.»

zentralredaktion@suedostschweiz.ch

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