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Georg Brosi: «Die Gefahr besteht, ist aber nicht enorm»

Das Wolfsrudel am Calanda stellt insbesondere für Jagdhunde eine gewisse Gefahr dar. Wurde in Tamins ein Hund gar von den Wölfen getötet? Das Amt für Jagd und Fischerei kann dies weder bestätigen, noch dementieren.

Südostschweiz
28.02.14 - 01:00 Uhr

marc melcher

An einem Vortrag zum Wolfsrudel am Calanda im Januar betonte Amtsvorsteher Georg Brosi, dass die Wölfe zumindest theoretisch zur Gefahr für Jagdhunde werden könnten. Wurde aus der Gefahr bereits eine Tatsache? In der März-Ausgabe des «Bündner Jägers» behauptet ein Leserbriefschreiber, die Wölfe hätten einen Jagdhund «zerfleischt». Lediglich ein Knochen des Hundes sei übrig geblieben. Der 84-jährige Besitzer hat gemäss dem Leserbriefschreiber die Hälfte des Knochens analysieren lassen. Dies habe ihm die Gewissheit gegeben, dass es sich um den Knochen eines Hundes handelt. Die andere Hälfte wurde dem Amt für Jagd und Fischerei (AJF) übergeben.

Georg Brosi sagte gestern auf Anfrage, er wisse von dem Vorfall, habe den Leserbrief selbst allerdings noch nicht gesehen. «Es kann sein, dass der Hund von Wölfen getötet wurde, sicher ist es aber nicht.» Es sei schwierig, einen Bezug zur genauen Todesart zu machen. «Aus Skandinavien beispielsweise wissen wir, dass Wölfe durchaus hin und wieder Jagdhunde töten. Das kann übrigens auch ausserhalb der Jagd passieren.» Allerdings, so Brosi, seien die Hunde während der Jagd so auf ihre Aufgabe konzentriert, dass sie anderen Gegebenheiten weniger Aufmerksamkeit schenken und dadurch auch mal von den Wölfen überrascht werden könnten. «Die Gefahr besteht, sie ist aber nicht enorm», betont der Jagdinspektor. Der Besitzer des Hundes sei zudem mehrfach von der Wildhut gewarnt worden, weil er den Hund alleine und frei laufen liess. «Offenbar hat er diese Warnungen ignoriert», sagt Brosi.

Wildschweine sind gefährlicher

In Schweden leben heute deutlich mehr als 200 Wölfe. Im Herbst 2012 veröffentlichte die Tierversicherung Agria eine Statistik über die Todesursachen von Hunden. Agria versichert rund 40 Prozent aller Hunde in Schweden. Im Jahr 2009 wurden 23 Hunde in Schweden durch Wölfe verletzt oder getötet – die höchste Zahl im Zeitraum zwischen 2006 und 2011. Im Schnitt wurden in den sechs Jahren 19 Hunde pro Jahr von Wölfen angegriffen. Eine Gesamtzahl aller Angriffe ist auf einer schwedischen Internetseite, die sich mit den Wölfen beschäftigt, einsehbar. Sie geht im Zeitraum von 2007 bis 2009 von durchschnittlich 43 Angriffen pro Jahr aus. Zum Vergleich: Allein 2011 starben 643 Hunde, die bei Agria versichert waren, bei einem Verkehrsunfall. Deutlich höher sind auch die Verluste, die durch Wildschweine herbeigeführt wurden. 82 solcher Angriffe hat der Versicherer 2011 registriert.

Der Trimmiser Fritz Keller züchtet Jura-Laufhunde. Er selbst übt die Niederjagd im Calandagebiet nicht mehr aus. «Ich will das Risiko, den Hund zu verlieren, nicht eingehen», so Keller. Dabei sei er lange nicht der Einzige. «Nur noch wenige Jäger gehen im Calandagebiet mit ihrem Hund auf die Niederjagd.» Auch in Schweden hätten sich die Jäger an die Wolfsrudel angepasst: «Dort wird meistens nur noch dort mit Hunden gejagt, wo kein Wolfsrudel in der Nähe ist.» Deutlich geringer sei die Gefahr, wenn sich lediglich einzelne Wölfe im Gebiet befinden würden.

Die Gefahr beeinflussen dürfte auch die Art der Jagd. In Schweden werden Jagdhunde in erster Linie für die Elchjagd eingesetzt. Sie arbeiten dabei oft weit entfernt von den Hundeführern und treiben die Elche auf die Jäger zu. Während Jahrzehnten wurde diese Methode in Gebieten ausgeführt, die beinahe wolfsleer waren. Zur Auseinandersetzung zwischen Wölfen und Hunden kommt es aufgrund des Revierverhaltens der Raubtiere. Hunde werden als Eindringlinge wahrgenommen. Sie sind für die Wölfe Nahrungs-, Habitats- oder Sexualkonkurrenten.

Der Leserbriefschreiber wirft dem AJF im «Bündner Jäger» weiter vor, nicht offen und ehrlich zu kommunizieren. Die Informationspolitik werde «nicht im Sinne des Jägers» betrieben. Georg Brosi widerspricht: «Wir hätten den Vorfall kommuniziert, wenn die Ursache klar im Zusammenhang mit den Wölfen stehen würde.»

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