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Geburtskirche Jesu steigt zum Unesco-Welterbe auf

Die Geburtskirche Jesu und der Pilgerweg in Bethlehem sind gestern überraschend als Unesco-Welterbe anerkannt worden – zur grossen Freude der Palästinenser.

Südostschweiz
30.06.12 - 02:00 Uhr

St. Petersburg. – Die Palästinenser sprachen gestern von einem «historischen Tag für die Gerechtigkeit». Das Welterbe-Komitee hatte im russischen St. Petersburg mehrheitlich für den Eilantrag der Palästinenser gestimmt, die Geburtskirche Jesu und den Pilgerweg in Bethlehem als Welterbe der Unesco einzustufen. «Das palästinensische Volk feiert diese Entscheidung als einen Augenblick nationalen Stolzes und Anerkennung seines reichen und einzigartigen Erbes und seiner Identität», sagte ein führendes Mitglied der Palästinensischen Befreiungsorganisation PLO, Hanan Aschrawi, in Ramallah. Bethlehem liegt im israelisch besetzten Westjordanland südlich von Jerusalem. Der Welterbetitel für die Palästinenser gilt als weiterer Triumph bei ihren Autonomiebestrebungen.

Die Kirche in Bethlehem wurde über der Grotte gebaut, in der gemäss Überlieferung Jesus Christus geboren wurde. Experten hatten allerdings keine Empfehlung für den politischen Antrag gegeben. Stimmberechtigt waren 21 Mitglieder des Welterbe-Komitees. Es gab 13 Ja-Stimmen. Sechs Vertreter lehnten den Antrag ab, zwei enthielten sich.

«Trostpflaster» für Israel

Auch Israel erreichte einen Eintrag in die Liste des Welterbes. Dort wurden mehrere Höhlen im Karmel-Gebirge aufgenommen, denen eine besondere Bedeutung für die Erforschung der frühmenschlichen Entwicklung zukommt. Zudem erhielten unter anderem Bali in Indonesien und die Pazifikinsel Palau die Anerkennung als Welterbestätten.

Vor allem aber hat das Ja zur Geburtskirche in Bethlehem eine besondere Dimension. Die Palästinenser sind erst im vergangenen Jahr gegen den heftigen Widerstand von Israel und den USA als Vollmitglied in die UNO-Organisation für Bildung, Wissenschaft und Kultur (Unesco) aufgenommen worden. Der Internationale Rat für Denkmalpflege Icomos hatte in einem Gutachten die Dringlichkeit des Antrags verneint. Neben Ländern wie den USA und Israel sehen auch christliche Kirchenvertreter den Antrag kritisch. Sie wollen die Geburtskirche aus politischen Auseinandersetzungen heraushalten und befürchten Einschränkungen bei der Nutzung als religiösem Wallfahrtsort.

Mehr als 900 Welterbestätten

Die Beschlüsse über die Neuaufnahmen in die Liste schützenswerter Kultur- und Naturstätten werden mehrheitlich auf Grundlage von Expertengutachten getroffen. Ausschlaggebend dafür sind der universelle Wert der Stätte sowie ein Plan, der den Erhalt für künftige Generationen sicherstellt.

Auf der Welterbeliste stehen heute mehr als 900 Kultur- und Naturstätten in 153 Ländern. Darunter sind zwölf aus der Schweiz, beispielsweise die Berner Altstadt, das Weinbaugebiet Lavaux oder die Pfahlbauten.

Das Übereinkommen der Unesco zum Schutz des Kultur- und Naturerbes der Welt wurde 1972 geschlossen. Russland ist das erste Mal Gastgeber der Welterbe-Konferenz. In der Zarenmetropole St. Petersburg, deren Altstadt selbst zu grossen Teilen unter Unesco-Schutz steht, tagen noch bis kommenden Freitag Experten aus mehr als 180 Ländern. (sda)

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