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Essen tauschen statt wegwerfen

Ein Drittel aller Lebensmittel weltweit wird weggeworfen. Auch in der Schweiz landen jährlich bis zu zwei Millionen Tonnen auf dem Müll. «Ein Unding!» finden viele. Deshalb haben sich einige von ihnen online in Facebook-Gruppen zusammengefunden, um ihr überschüssiges Essen mit Gleichgesinnten zu teilen.

Südostschweiz
28.10.12 - 02:00 Uhr

Von Fee Anabelle Riebeling

Wir leben in einer Überflussgesellschaft. Das führt der Dokumentarfilm «Taste the Waste», der derzeit in den Schweizer Kinos läuft, deutlich vor Augen. Er zeigt Berge von Lebensmitteln, die trotz ihres einwandfreien Zustands weggeworfen werden, von Firmen genauso sowie von Privatpersonen. Entweder weil zu viel produziert oder weil zu viel eingekauft wurde.

Überschüssiges teilen

Die Schweizer Tafeln und andere Einrichtungen wie beispielsweise «Tischlein deck dich» machen das Beste aus diesem Umstand: Schon seit Jahren beziehen sie überschüssige, aber einwandfreie Lebensmittel von Produzenten, Grossverteilern und Detaillisten, um sie anschliessend an bedürftige Menschen weiterzugeben. Ihr Motto: Essen verteilen statt wegwerfen. Ihre Arbeit kommt an. Im wahrsten Sinne des Wortes, denn auch in einem reichen Land wie der Schweiz leben etwa zehn Prozent der Bevölkerung am oder unter dem Existenzminimum.

Nach dem Film «Taste the Waste» und der damit einhergehenden Berichterstattung denken auch immer mehr Privatpersonen über ihren Umgang mit Nahrungsmitteln nach. Nicht wenige möchten etwas ändern. Eine von ihnen ist die Österreicherin Maria Scheuch. Die 42-jährige Reinigungskraft aus Viehdorf im Mostviertel, 125 Kilometer westlich von Wien, hat im Jahr 2011 die offene Facebook-Gruppe «Schenkbörse Mostviertel» gegründet, in der die Mitglieder Lebensmittel, aber auch andere Waren unentgeltlich miteinander tauschen. «Das ist unsere Art, die ständig wachsenden Müllberge ein wenig einzudämmen und Verantwortung für unsere Kinder zu übernehmen», sagt Scheuch.

Foodsharing auch in der Schweiz

Die Idee ist aus der Not heraus geboren. Denn als die dreifache Mutter ihren Job als Tagesmutter aus persönlichen Gründen aufgab, wurde das Geld knapper. Und so kam Maria Scheuch die Idee, die Urform des menschlichen Handelns – das Schenken und Tauschen – wieder in Erinnerung zu rufen: «Ich fragte mich, ob das auch in der heutigen Zeit noch funktionieren würde.» Und das tut es. Denn die Idee kommt an. Heute hat die Gruppe rund 1250 aktive Mitglieder. Viele sind aus Überzeugung, manche aus Not und wieder andere aus Neugier dabei. Aufgrund des Erfolgs kamen weitere Gruppen hinzu. Etwa die «Lebensmittel Tausch-Schenk-Börse Österreich», in der sich alles um überschüssige Lebensmittel dreht. Das aus Schweizer Sicht einzige Manko: Die dort gemeldeten Tauschaktionen finden nur in unserem Nachbarland statt. Doch auch in der Schweiz findet die Idee des sogenannten «Foodsharings» Anklang. «Kürzlich schrieb mir ein junger Mann aus St. Gallen und fragte, ob es auch in seinem Land eine ähnliche Gruppe gäbe», erinnert sich Scheuch. Da sie das verneinen musste, gründete sie mit «Schweizer Lebensmittel Schenk-Tausch-Börse» kurzerhand selber eine. Zwar sind bislang erst 33 Mitglieder dazugestossen, doch die beteiligen sich rege, so Scheuch.

Nach ihrer Motivation gefragt, zitiert die engagierte Österreicherin Albert Schweitzer. Seine Aussage «Das Glück ist das Einzige, das sich verdoppelt, wenn man es teilt» hat Scheuch sogleich zum Motto der Gruppe gemacht.

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