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Ernst Wyrsch: Beim jetzigen Euro-Kurs ist jeder dritte Hotelbetrieb gefährdet

: Ernst Wyrsch unterhält die Hoteliers an der Delegiertenversammlung im Theater Chur.

Südostschweiz
31.01.15 - 01:00 Uhr

: Ernst Wyrsch unterhält die Hoteliers an der Delegiertenversammlung im Theater Chur.

Herr Wyrsch, Sie sagten vor den versammelten Bündner Hoteliers in Chur, Sie hätten genug vom «Hotel-Bashing».

Ja, ich meinte damit die Pauschalkritik von aussen an der Hotellerie, welche absolut ungerechtfertigt ist. Wir haben im Grossen und Ganzen kein Freundlichkeits- und auch kein Qualitätsproblem, sondern ein Währungsproblem. Das Gros der Gäste, welche bereit ist für Dienstleistungen mehr zu bezahlen, ist sehr glücklich mit der Schweizer Hotellerie. Aber der Euro-Wechselkurs, welches alles verteuert, ist immer schwieriger zu erklären.

Verschärft der Euro-Wechselkurs nicht vielmehr ein Preisproblem, das die Hotellerie schon lange hat?

Natürlich, der aktuelle Wechselkurs verschärft die Problematik massiv. Ich habe an der Delegiertenversammlung von Hotelleriesuisse Graubünden das Bild mit der Bleiweste verwendet. Verglichen zum einstigen Euro-Kurs von 1,50 Franken tragen wir heute bei einem Kurs von einem Franken eine 50 Kilogramm schwere Bleiweste mit uns herum. Und so müssen wir uns mit der Konkurrenz messen.

Bei den Hotelpreisen kann man nichts machen?

Doch, punktuell schon. Auch generell müssen wir über Kooperationen unsere Kostenstruktur anpassen. Ich würde nie einem Hotelier raten, es sei nichts mehr zu machen. Die Zitrone kann immer noch weiter ausgedrückt werden, ein Tropfen kommt immer noch raus.

Also ist der Bündner Tourismus eben doch zu teuer.

Es ist jetzt eine neue Situation. Im Moment kann man das vielleicht so sagen. Aber die strategische Alternative zum Drücken der Preise ist, dem Gast Mehrwert zu bieten.

Alle sprechen von Kooperationen in den touristischen Destinationen. Glauben Sie wirklich daran?

Ja, jetzt glaube ich daran, weil der Leidensdruck so gross ist, dass jeder von sich aus auf den anderen zugeht. Synergien beim Personal oder im Vertrieb sind jetzt möglich.

Andere Rezepte hat man an der Delegiertenversammlung keine gehört.

Doch, wir bearbeiten jetzt prioritär den Schweizer Markt. Mittelfristig auch wieder unsere Stammmärkte im Ausland, langfristig sogar neue Märkte. Aber natürlich, wir befinden uns in einer Ad-hoc-Situation.

Sehen Sie eine Strukturbereinigung in der Bündner Hotellerie kommen?

Ja, wie noch nie. Dies hat stark mit der Kursbereinigung zu tun. Je tiefer der Euro-Kurs langfristig bleibt, umso grösser werden die Korrekturen in der Branche sein.

Wen trifft es vor allem? 3-Sterne- Hotels? 4-Sterne-Hotels?

Es wird all jene treffen, die in den letzten Jahren nicht investiert haben und keine Nähe zu ihren Gästen gelebt haben.

Haben Sie eine Prognose in Prozent?

Hotelleriesuisse sagt, bei einem Euro-Wechselkurs von 1:1 gebe es ein gefährdetes Potenzial von einem Drittel.

Dies trifft auch für Graubünden zu?

Ja, sofern der Kurs bei 1:1 bleibt oder er noch tiefer fällt. Dies hat nichts mit Sterne-Kategorien zu tun. Jene, die ihre Hausaufgaben nicht gemacht haben, sind gefährdet – und bei diesen ist alles möglich.

GraubündenSeite 3

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