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Erfolge im 30-jährigen Kampf gegen Aids

Vor 30 Jahren beschrieb die amerikanische Gesundheitsbehörde die ersten Aids-Fälle. In der Schweiz konnte das Risiko, an Aids zu sterben, gesenkt werden. Doch die Zahl der HIV-Infektionen steigt wieder.

Südostschweiz
06.06.11 - 02:00 Uhr

Von Marina Kaempf

Washington/Bern. – Im Jahr 1985 habe ein HIV-positiver Mensch noch eine Lebenserwartung von wenigen Jahren gehabt. Wer sich dagegen heute mit dem HI-Virus infiziere, habe dieselbe Lebenserwartung wie alle anderen Menschen. Das sagt Bernard Hirschel, Leiter der Abteilung HIV/Aids am Universitätsspital Genf. «Heute stirbt nur noch selten jemand an Aids in der Schweiz.» Mit Medikamenten kann die Krankheit nämlich unter Kontrolle gehalten werden. Doch er betont, dass das nichts über die Zahl der Infektionen mit dem HI-Virus, dem Aids-Erreger, aussagt: «Eine Infektion ist in der Schweiz immer noch häufig, und eine Ausrottung ist nicht in Sicht.»

Die heutige HIV-Therapie erlaubt es, das Virus im Körper so weit zurückzudrängen, dass es in 90 Prozent aller Patienten gar nicht mehr feststellbar ist, wie Hirschel sagt. Dadurch sinkt auch das Übertragungsrisiko so weit, dass bestimmte HIV-Positive Kinder bekommen können, ohne ihren Partner oder das Kind anzustecken.

Erste Therapien waren umständlich

Das war ein weiter Weg: Die ersten wirksamen Medikamente kamen laut Hirschel erst 1996. Die ersten Therapien waren allerdings sehr umständlich. Heute genügt es, täglich eine Pille zu schlucken, in der drei verschiedene Wirkstoffe kombiniert sind. Diese Kombinationstherapie sei für die meisten Patienten gut verträglich, sagt Hirschel. Allerdings müssten die Medikamente ein Leben lang geschluckt werden. Denn «wenn man mit der Behandlung aufhört, taucht das Virus immer wieder im Körper auf» – früher oder später.

Der therapeutische Erfolg sei der grösste Erfolg im Kampf gegen Aids in den letzten 30 Jahren, findet Roger Staub, Leiter der Abteilung Prävention und Promotion beim BAG. Aber es sei ein medizinischer Erfolg, der seinen Preis habe. Die Aids-Behandlung ist nämlich – wie jene vieler anderer Krankheiten auch – teuer: Pro Person und Jahr kostet die Therapie laut Staub rund 25 000 Franken. Heute werden von rund 20 000 HIV-Positiven in der Schweiz rund die Hälfte medikamentös behandelt. Die Kosten belaufen sich landesweit also auf 25 Millionen Franken pro Jahr.

Zahl der Infektionen steigt

Weniger erfreulich als bei der Therapie ist die Tendenz bei der Prävention. In den Neunzigerjahren sei es gelungen, die Zahl der Neuansteckungen mit dem HI-Virus zu stabilisieren, sagt Staub. Der Erfolg führte zu einem gewissen Nachlassen der Anstrengungen. Seit 2001 gibt es jedes Jahr 600 bis 800 neue Fälle. Wenn es so weitergehe, werde es in der Schweiz in zehn Jahren schon 10 000 Infizierte mehr geben.

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