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Eine Wahlfarce, die Europa nicht stört

Algerien hat schon länger den Ruf, eine Fassadendemokratie zu sein. Die Bestätigung des schwer kranken Staatspräsidenten, der seit 1999 im Amt ist, scheint dieses Bild zu bestätigen.

Südostschweiz
19.04.14 - 02:00 Uhr

Von Ralph Schulze

Die Opposition spricht von einer Wahlfarce. Und die Nachrichten aus dem rohstoffreichen Wüstenstaat auf der anderen Seite des Mittelmeeres sprechen dafür, dass diese verheerende Einschätzung korrekt ist.

Die Betrugsvorwürfe sind umso bedenklicher, als Algerien ein bedeutender Partner Europas ist. Oder besser: ein bedeutender Gaslieferant. Für die EU der drittgrösste nach Russland und Nor-wegen; für die Schweiz der fünftgrösste nach den Niederlanden, Russland, Norwegen und Deutschland. Und Europa wie die USA wollen die Zusammenarbeit mit Algerien sogar noch ausbauen – um die Abhängigkeit vom russischen Gas zu verringern.

Vor allem wegen dieser strategischen Bedeutung Algeriens schauen westliche Diplomaten grosszügig über das Wahltheater und die Demokratiedefizite hinweg. Lieber ein autoritärer, halbwegs stabiler Staat als noch ein Arabischer Frühling. Politische Gewalt und Chaos in den nordafrikanischen Nachbarländern Ägypten und Libyen haben die Revolutionsbegeisterung gebremst. Nur in Tunesien gibt es bisher einen Hoffnungsschimmer auf einen demokratischen Wandel.

Man weiss zudem, dass auch in Algerien die Islamisten auf dem Vormarsch sind. Und Präsident Abdelaziz Bouteflika verkauft sich dem Westen als Bollwerk gegen den Fundamentalismus. Doch die vermeintliche Stabilität, die dem Regime als Verdienst zugeschrieben wird, ist trügerisch. Es brodelt im Land. Dieses Brodeln wird mit Polizeigewalt unterdrückt. Und mit dem stillen Segen Europas.

zentralredaktion@suedostschweiz.ch

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