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Ein globales Dorf am Ufer des Inns

Das Kulturzentrum Nairs schmiedet grosse Pläne: Das zum Verkauf stehende «Palace Hotel» soll erworben und als Künstlerhotel betrieben werden. Unter seinem Dach soll sich die Welt treffen.

Südostschweiz
05.09.12 - 02:00 Uhr

Von Julian Reich

Es ist ein einmaliges Ensemble, das da unten am Ufer des Inns steht: Die von einem Felssturz bedrohte Trinkhalle, das ehemalige Badehaus, in dem das Kulturzentrum Nairs Künstlerateliers beherbergt, eine Gartenvilla – und natürlich das eigentliche Kurhaus Tarasp-Scuol, 1865 von Felix Wilhelm Kubly erbaut. Erst ein gut besuchtes Hotel, trat es einen langsamen Niedergang an, in den 1980er Jahren betrieb es der Robinson-Ferienclub, dann wurde es als koscheres Hotel geführt, seit zwei Jahren steht es leer. Mitte November kommt das «Scuol Palace» unter den Hammer (Ausgabe von gestern), Schätzwert: sechs Millionen Franken.

Suche nach Investoren

Mitbieten wird wohl auch die Fundaziun Nairs. Noch sucht die Stiftung, die bereits das Kulturzentrum im Badehaus betreibt, nach Investoren. Sie wirbt mit einem glänzenden Prospekt, in dem sie grosse Pläne formuliert. «A Global Village for the Arts» lautet der Titel, und nicht weniger will die Fundaziun am Ufer des Inns entstehen lassen. Verfasst haben die Projektidee Urezza Famos, Stiftungsrätin der Fundaziun Nairs, Hans-Jörg Heusser, Präsident der Stiftung, und Christof Rösch, Direktor des Kulturzentrums. Ihre Vision bringen sie so auf den Punkt: Das Global Village «steht ganz im Zeichen der Globalisierung – und zwar in doppeltem Sinn: Einesteils soll das Global Village Kunstschaffende aus aller Welt zusammenführen, andernteils soll in ihm eine kreative Auseinandersetzung mit der kulturellen Globalisierung stattfinden.»

Ort des Austausches

Nach dem Vorbild der Künstlerkolonien um 1900 soll in Nairs ein Ort entstehen, an dem sich Kunstschaffende, aber auch Kunstvermittler, Forscher und Studenten austauschen können. Gedacht sind Aufenthalte zwischen drei und 12 Monaten. Unter dem Dach eines neuen Center For Intercultural Dialogues sollen verschiedene kulturwissenschaftliche Veranstaltungen und Seminare angeboten werden.

Künstler- und Kulturhotel

Das alles braucht selbstredend Platz. Deshalb will die Fundaziun Nairs das Kurhotel übernehmen und es je in ein Künstler- und ein Kulturhotel aufteilen. Im ersten Teil sollen laut Projektstudien Wohnungen mit Ateliers eingerichtet werden, die den Kunstschaffenden zum Selbstkostenpreis vermietet werden. Der andere Teil soll als Hotel für die Tagungsgäste und – sofern Kapazität besteht – auch für Feriengäste dienen. Der Hotelbetrieb soll selbsttragend gestaltet werden.

Das Kurhotel weist einen gewissen baulichen Sanierungsbedarf auf, der noch zu finanzieren ist. Dabei hat die Kulturstiftung bereits jetzt ein grosses Renovationsprojekt vor sich: Das ehemalige Badehaus, wo seit den 80er Jahren Künstlerateliers jeweils für die Sommermonate vergeben werden, soll bis 2014 erneuert werden. Für insgesamt rund 3,6 Millionen Franken.

Nur, wer soll das alles bezahlen? Antworten waren darauf gestern keine zu erhalten.

Broschüre unter: www.nairs.ch/aktuelles

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