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Ein exotischer Winterauftakt

Schweiz Tourismus leistet Pionierarbeit und hat für die kommende Wintersaison acht chinesische Skilehrer in die Schweiz geholt. Am Mittwoch wurden diese in Celerina vorgestellt. Das Medieninteresse war enorm.

Südostschweiz
13.12.13 - 01:00 Uhr

Von Fadrina Hofmann

Celerina. – Zehn Uhr morgens an der Talstation Provulèr in Celerina. Strahlender Sonnenschein und ein tiefblauer Himmel sowie eine trotz Schneemangel gut präparierte Piste locken auf die Ski. Eine achtköpfige Gruppe im Swiss-Snowsports-Skidress und rotem Helm steht neben dem Skilift. Die Gruppe fällt deswegen auf, weil sie von einer Traube von Kameramännern, Fotografen und Journalisten umringt ist. «Gié zi!», rufen die Skilehrer alle auf einmal und strecken ihre Hände fröhlich in die Höhe.

«Das heisst Aubergine», erklärt ein Übersetzer, der etwas abseits steht und den Rummel um seine Landsleute beobachtet. Aubergine statt Cheese, alles klar. Vor drei Tagen sind die acht Chinesen in der Schweiz angekommen. In Celerina absolvieren sie während einer Woche den Kinderlehrer-Skikurs. Dann werden sie in diversen Schweizer Wintersportgebieten ihren neuen Job anfangen.

Skilehrer werden zu Botschaftern

Nach der Fotosession sind die Interviews dran. Nicht nur die nationalen Medien, auch der österreichische TV-Sender ORF, die «Süddeutsche Zeitung» und «Die Zeit» interessieren sich für die chinesischen Skilehrer. Daniela Bär, Leiterin internationale Medienarbeit bei Schweiz Tourismus, ist vom grossen Medienecho überrascht. Sie erklärt es mit dem «exotischen Touch» der Aktion. «Wir haben eine Vorreiterrolle eingenommen», erklärt sie. Gemäss ihrem Wissensstand gebe es in den Nachbarländern noch keine chinesischen Skilehrer.

Dabei entwickelt sich das Skifahren in China zu einer Trendsportart. Der chinesische Skimarkt ist zwar noch sehr jung. Schätzungsweise fahren aber zwischen fünf bis zehn Millionen Chinesen Ski. Seit 2009 verzeichnet die Schweiz Zuwachsraten von 25 bis 40 Prozent bei Hotelübernachtungen von Touristen aus China. Für Riet Campell, Direktor Swiss Snowsports, ist es ein grosser Erfolg, dass das von ihm initiierte Pilotprojekt mit den chinesischen Skilehrern nun gestartet werden konnte. «Wir wollen ihnen eine Ausbildung nach Schweizer Modell geben und hoffen, dass sie als Botschafter für unser Land in ihre Heimat zurückkehren», erklärt er das Hauptziel. In China gebe es keine professionellen Skischulen und die meisten Chinesen würden in Skihallen fahren.

Im September fand die Rekrutierung der Skilehrer in eben so einer Halle in Peking statt. Kriterien für die Auswahl waren zum einen die technischen Fähigkeiten, zum anderen die Englischkenntnisse.

Der Unterricht ist spielerischer

Unter den acht Ausserwählten befindet sich auch der 26-jährige Xu Zhongxing. Er kommt aus Chongli, dem Peking am nächsten gelegenen Skiort, und er fährt erst seit vier Jahren Ski. Da er unter anderem Englisch studiert hat, spricht er diese Sprache perfekt – im Gegensatz zu einigen seiner Kollegen. Xu hat zuletzt in einem Skiressort als Skilehrer und Übersetzer gearbeitet. «Ich geniesse es sehr, hier zu sein», meint er. Für viele Chinesen sei es ein Traum, einmal die Alpen zu besuchen. Für ihn sei es ein Traum, einen ganzen Winter in Europa verbringen zu können.

Bereits nach den ersten drei Ausbildungstagen stellt Xu fest, dass der Unterricht in der Schweiz komplett anders ist als in China. «Bei uns ist alles viel technischer, hier lernen die Kinder spielerisch mit Geschichten und Spielsachen», erzählt er. Es mache das Skifahren viel spannender und unterhaltsamer, schwärmt er. «In der Schweiz ist Skilehrer nicht nur ein Job, sondern ein Lebensstil», bemerkt Xu weiter. Er wird bis im April in Grindelwald (BE) stationiert sein. Bis dahin möchte er auch ein paar Brocken Deutsch sprechen können.

Vom Engadin begeistert

Die chinesischen Skilehrer sind zwischen 20 und 39 Jahre alt. In Graubünden werden nur die 26-jährige Song Shuyao (Davos) und der 23-jährige Liu Jinyu (St. Moritz) bleiben. Liu wirkt introvertierter als seine ausgelassenen Kollegen, aber er lächelt seine Befrager höflich an. Liu kommt aus Yabuli, dem bekanntesten Skiort Nordostchinas, und arbeitet dort als Skilehrer im Club Med. Er fährt bereits seit neun Jahren Ski und verrät, dass Skifahren seine grosse Leidenschaft ist. «Jeden Tag Ski fahren zu können, darauf freue ich mich am meisten», sagt er auf Chinesisch.

Englisch kann Liu noch nicht so gut, doch das soll sich während der Wintersaison ändern. St. Moritz kannte der junge Skilehrer bisher nur aus den chinesischen Medien. Vom Engadin ist er begeistert. So viel Naturschnee und diese reine Luft. «Ich möchte später die Leute animieren, auch nach St. Moritz zu kommen», sagt Liu.

Die Zukunft heisst Mandarin

Franco Moro ist der Geschäftsführer der Schweizer Skischule St. Moritz und somit Lius Chef. Für ihn ist der chinesische Skilehrer ein Glücksfall. «Wir haben jetzt schon drei Buchungen von chinesischen Gästen», erzählt Moro. Er rechnet bei den chinesischen Gästen mit einem ähnlichen Zuwachs wie bei den Russen vor rund zehn Jahren. «Je nachdem welche Erfahrungen wir in diesem Winter machen, werden wir auch in Zukunft Mitarbeiter rekrutieren, die Mandarin sprechen», meint Moro.

Rund eine Stunde lang haben die chinesischen Skilehrer Fragen über Skitechnik, Heimweh und die unterschiedliche Kultur beantwortet. Nun gehts wieder zurück zum Unterricht. Jeder schnappt sich eine Badenudel oder einen Reifen für die nächsten Übungen auf der Piste.

Klassenlehrer Christian «Hitsch» Caspar aus Saas ist sehr zufrieden mit seiner Gruppe. «Sie sind extrem interessiert, und wir haben einen Riesenspass miteinander», meint er, um dann noch lächelnd anzufügen: «Und sie lieben Lasagne»

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