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«Ein Clown ist ein Jongleur der grossen Gefühle»

David Larible ist der «Clown der Clowns». Der Italiener führt ab dieser Woche durch das neue Programm des Circus Knie. Im Interview spricht er über gute und schlechte Witze. Und über einen Traum, der wahr geworden ist.

Südostschweiz
25.03.14 - 01:00 Uhr

Mit David Larible sprach Nicole Bruhin

Herr Larible, diese Woche startet die Tournee des Circus Knie mit Ihnen als Hauptfigur. Wie fühlen Sie sich vor der grossen Premiere?

David Larible: Grossartig. Es ist für mich das erste Mal, dass ich im Circus Knie auftrete. Aber es ist nicht das erste Mal, dass ich mit auf Tournee bin. 1965 hat mein Vater für die Familie Knie gearbeitet. Damals war ich acht Jahre alt. Ich war damals schon fasziniert von diesem Zirkus.

Das heisst, ein Bubentraum geht für Sie in Erfüllung?

Auf jeden Fall. Damals dachte ich wirklich, dass ich hier unbedingt eines Tages auftreten möchte. Dann aber hat sich meine Karriere anders entwickelt. Darum ist es umso schöner, dass es nun endlich klappt. Für Zirkusleute ist der Circus Knie etwa das, was für einen Opernsänger die Scala in Mailand ist. Deine Karriere ist nicht komplett, wenn du nicht im Knie aufgetreten bist.

Das hat aber lange gedauert, bis es nun geklappt hat.

Das stimmt. Seit 25 Jahren sprechen wir darüber. Aber es war in all den Jahren schwierig, den richtigen Zeitpunkt zu finden. Die Knies wollten mich für eine ganze Saison verpflichten. Das sind acht Monate. Ich hatte zu viele andere Engagements, als dass ich mich für so lange Zeit verpflichten konnte. Ich mache Shows in der ganzen Welt. Es war einfach nie möglich. Umso mehr freue ich mich, dass ich jetzt endlich hier bin.

«Ich bin in dieser Welt zu Hause»

Ab dieser Woche sind Sie acht Monate im Wohnwagen auf Tour. Kann das nicht auch anstrengend sein?

Ich bin ein Zirkusmensch. Ich bin sogar in einem Wohnwagen geboren. Für mich ist dieses Leben Gewohnheit. Ich bin in dieser Welt zu Hause.

Wie haben Sie Ihre verschiedenen Nummern für das Zirkusprogramm zusammengestellt?

Ich habe ein sehr grosses Repertoire. Über 50 verschiedene Nummern habe ich über die Jahre entwickelt. Ich habe mich mit der Familie Knie beraten. Aus den 50 Nummern suchten wir in einem ersten Schritt zehn Nummern aus. Schlussendlich sind wir mit fünf Nummern verblieben. Wir denken, dass diese am besten zum Programm passen. Ob das so ist, wird sich in den nächsten Wochen zeigen.

Was erwartet das Publikum bei Ihren Nummern?

Ich habe sehr klassische Nummern vorbereitet. Vieles ist Interaktion mit dem Publikum. Das ist meine Spezialität. Ich freue mich auf das Publikum in der Schweiz. Es ist ein spezielles Land: vier Landessprachen und viele verschiedene Einflüsse. Es ist eine Herausforderung, mit einem solchen Publikum zu arbeiten.

Wie funktioniert eine solche Interaktion?

Du musst die Leute spüren, wenn du in die Manege kommst und die Stimmung aufnehmen. Die Leute sollen sich nicht als Opfer fühlen, wenn sie zu mir in die Manege steigen. Das mag ich nicht. Es gibt viele Komiker oder Clowns, die so arbeiten. Damit fühle ich mich aber nicht wohl. Das ist negativer Humor.

Was bedeutet negativer Humor?

Für mich gibt es zwei Lachen. Beispielsweise wenn man über einen vulgären Witz lacht oder über Spässe auf Kosten anderer. Die Leute lachen, aber es bleibt nicht lange. Solche Witze geben kein gutes Gefühl. Ich möchte die Leute so zum Lachen bringen, dass sie auch lange nachher noch glücklich sind. Ich mache keine vulgären Witze und mache niemanden runter. Ich höre das Lachen nicht, sondern sehe es. Das tönt komisch. Aber wenn sich das ganze Zelt immer wieder von hinten nach vorne beugt, weiss ich, die Leute lachen aus dem Bauch heraus. Das ist das positive Lachen.

Was funktioniert immer, damit die Menschen lachen?

Das Element der Überraschung. Charlie Chaplin hat einmal definiert, was lustig ist: Ein Mann läuft achtlos auf einen offenen Gully zu. Das Publikum erwartet, dass er dort hineinfällt. Doch er stoppt nur einige Millimeter davor, weicht aus und läuft weiter. Doch nur Sekunden später rutscht der Mann auf einer Bananenschale aus. Das ist eine Überraschung. Man lenkt die Leute in eine Richtung und kommt dann mit etwas völlig anderem. Das ist Comedy.

«Für mich gibt es zwei Lachen»

Sind sie immer witzig?

Klar, ein Clown muss immer witzig sein. Aber für mich ist ein Clown mehr als das. Ein Clown ist ein Jongleur der Gefühle. Du musst nicht nur witzig sein, sondern auch poetisch oder melancholisch. Ich sage immer, ich gehe in die Manege und öffne meine Taschen. Ich lege alle meine Gefühle auf den Tisch und das Publikum kann sich nehmen, was es möchte. Einer braucht einen herzhaften Lacher, der andere braucht etwas zum Nachdenken. Es soll für jeden etwas dabei sein.

Aber witzig zu sein, ist sicher manchmal auch schwierig.

Ja, klar. Ich bin nur ein Mensch. Manchmal gibt es Situationen, die für mich sehr schwierig sind. Dann ist mein Job besonders schwer. Die Leute wollen keinen traurigen Clown. In solchen Momenten gehe ich gerne zum Einlass vor der Show. Dort schaue ich mir das Publikum an. Wenn ich dann Familien sehe mit glücklichen Gesichtern, dann sage ich mir, schau dir diese Leute an. Die freuen sich schon lange auf diesen Abend. Du musst alles geben, auch wenn es dir nicht gut geht. Meistens funktioniert das. Ich schlafe nachts nur gut, wenn ich weiss, dass ich alles gegeben habe.

Der Italiener David Larible führt durch die diesjährige Tournee des Circus Knie, unter dem Motto «David Larible – der Clown der Clowns». Er stammt aus einer grossen Zirkusfamilie. Sein Vater Eugenio Larible trat in den Sechzigern bereits im Circus Knie auf. Für seine ausdrucksstarken Nummern wurde der 56-Jährige 1999 am Internationalen Circus-Festival in Monte Carlo mit dem Goldenen Clown ausgezeichnet. Von 1993 bis 2005 tourte er durch die USA. In dieser Zeit trat er mehrmals im Madison Square Garden vor Tausenden Menschen auf. (nb)

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