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Ein Buch voller Lebensfreude

Am Montag, 18. Juni, präsentiert die Chasa Editura Rumantscha ihr neuestes Werk: 35 Kurz- geschichten des 91-jährigen Engadiners Martin Raschèr unter dem Titel «Ova da savun/Seifenwasser»

Südostschweiz
12.06.12 - 02:00 Uhr

Mit über 91 Jahren publiziert der in Zuoz aufgewachsene Martin Raschèr sein erstes Buch. In «Ova da savun/Seifenwasser» beschreibt er in 35 Kurzgeschichten auf Rätoromanisch und Deutsch, Episoden und Erinnerungen aus seinem Leben. Die Buchpräsentation findet laut Mitteilung um 15 Uhr in der Evangelischen Alterssiedlung Masans in Chur statt. Moderiert wird die Vernissage von Andrea Urech. Christian Cantieni sorgt für musikalische Unterhaltung.

Kindheit im Oberengadin

Martin Raschèr ist in Zuoz bei seinen Grosseltern auf dem Bauernhof aufgewachsen. Die Beziehung zu den Tieren auf dem Hof habe er von klein auf als bereichernd empfunden und die Zeit mit dem Grossvater auf der Stallbank sei unvergesslich. «Manchmal denke ich, dass ich auf dieser Bank, wenn nicht mehr, so doch ebenso Wichtiges gelernt habe, wie auf den unzähligen Schulbänken, die ich in meinem Leben habe drücken müssen», schreibt Raschèr in der Geschichte «Die Stallbank». «Da ich unehelich geboren war, war es im Dorf nicht immer einfach, und dass ich noch dazu ein guter Schüler war, machte es auch nicht leichter», erzählt Raschèr. Doch er habe «Gott sei Dank, die Gabe des Lachens» erhalten. Diese habe ihm immer geholfen, «bis heute – wenn ich mich im jetzigen Alter nur noch herumschieben, aber trotzdem mein Leben geniessen kann.» Kurz nach der Pensionierung im Jahr 1985 besuchte Raschèr einen Schreibkurs. Darauf begann er, Erinnerungen für seine Frau und seine Kinder aufzuzeichnen. Zunächst auf Deutsch, weil seine Familie kein Romanisch versteht. Als kleines Bändchen mit dem Titel Seifenwasser verschenkte Raschèr acht Exemplare. Unter anderem an einem ehemaligen Schüler aus Arosa, der durch seine Frau Romanisch lernte. Dieser animierte Raschèr, die Geschichten, zu übersetzen. «Je länger ich mich mit der Übersetzung befasste, umso leichter fiel sie mir. Ich hatte meine Muttersprache nicht verlernt! Sie hatte nur geschlummert und musste geweckt werden», so Raschèr.

«Meine Geschichten aus längst vergangenen Tagen sind eng verknüpft mit meinen eigenen Empfindungen, Eindrücken und Erlebnissen», erklärt der Autor. Sie beschreiben Passagen aus der Kindheit, der Pubertät, dem Militärdienst und dem Leben. So werden neben dem ersten Schultag, Bubenstreiche, Freunde und Freundschaften auch Tabus beschrieben, wie etwa der damalige Umgang mit Menschen mit Behinderung oder die Entdeckung der eigenen Sexualität und die Aufklärung.

Als das Licht noch gelb war

Die Lieblingsgeschichte des Autors heisst «Das gelbe Licht»; darin wird der sparsame Umgang mit dem elektrischen Licht beschrieben. «Nur in der Stube leisteten wir uns den Luxus einer 40er Lampe. Ihr schwacher Schein wurde durch den schüsselförmigen Lampenschirm mit den unzähligen grünen Glasperlenzotteln gebündelt, damit das Licht nicht über den Tischrand hinunter fiel.» In dieser Geschichte käme die Stimmung vom Zuhause und den Charakteren der Grosseltern am Besten zur Geltung, fasst er zusammen. Ein Buch voller Lebensfreude, feinfühligen Geschichten, einen liebevollen Blick für Details und einer guten Portion Humor. Martin Raschèr lebt seit seiner Pensionierung im 1985 in Grub (Appenzell) (bt)

Martin Raschèr: Ova da savun/Seifenwasser, Rumantsch puter/Deutsch, 29 Franken, 276 Seiten,

Chasa Editura Rumantscha, Chur. www.chasaeditura.ch

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